In den letzten Jahren unternahm Kelis eine ziemliche Irrfahrt durch die musikalischen Genres. Während sie vor mehr als zehn Jahren mit “Tasty” und einer Mischung aus zeitgemäßem R’n’B und Soul bekannt wurde, erlaubte sie sich auf “Kelis Was Here” Ausflüge in den Hip-Hop und landete zuletzt mit “Flesh Tone” in Dancegefilden. Man kann das experimentierfreudig nennen – oder orientierungslos. Nun meldet sich Kelis mit “Food”, ihrem sechsten Studioalbum, zurück und verschreibt sich endlich der Musik, die ihrer Stimme in die Wiege gelegt wurde: dem Soul.
Der Albumtitel liegt nahe, ist Kelis doch eine begeisterte Köchin. Ein Kochbuch, eine Kochshow und ein erfolgreicher Abschluss der Le Cordon Bleu-Schule kann sie vorweisen. All das lässt vermuten, dass “Food” das Album sein dürfte, bei dem Kelis selbst am meisten mitentscheiden durfte. Auch einige der Songtitel bleiben dem Motto des Albums treu. Eröffnet wird “Food” mit “Breakfast” und einem wunderbaren Refrain. Im Gegensatz zu den bereits angesprochenen elektronischen Abenteuern von Kelis wirkt hier nun alles sehr viel organischer. Ihre Stimme liegt nicht mehr über dem Sound, sondern fügt sich in ihn ein.
Bei “Jerk Ribs” werden sogleich die Bläser ausgepackt und die Musik öffnet sich hin zur Pompösität – um sich zwei Tracks später in “Floyd” wieder stärker in sich zurückzuziehen. Nur noch Bass und Vocals stehen nun im Fokus und bilden die perfekte musikalische Untermalung für einen “Slow Dance”. Dieser Ansatz durchzieht “Food”: Alle Nuancen des Souls werden abgedeckt. Mal schneller (“Cobbler”), mal langsamer (“Rumble”). Mal kraftvoller (“Change”), mal einfühlsamer (“Bless The Telephone”).
Merkwürdigerweise fühlt sich das Album stellenweise trotzdem nicht rund an. Vielleicht liegt es an der Wandelbarkeit von Kelis, durch die man nie genau weiß, ob der Sound nun ihrem Herzen entsprungen ist und genau dem entspricht, was sie gerade künstlerisch ausdrücken möchte, oder ob es als die lukrativste Komposition angesehen wurde. So oder so ist “Food” seit “Tasty” auf jeden Fall ihre beste Veröffentlichung, selbst wenn es nicht mit großen Hits à la “Trick Me” oder “Milkshake” aufwarten kann. Auch wenn aus Kelis keine Aretha Franklin oder Diana Ross mehr wird, macht ihre Stimme Spaß, wenn sie wie auf “Food” Raum zur Entfaltung bekommt.