1980 in Melbourne geboren zog Ben Frost mit 25 Jahren um. Nach Reykjavik. Ein doch eher seltener Standortwechsel. „A U R O R A“ ist das neue Machwerk dieses ungewöhnlichen Künstlers. Nicht einfach Musik, sondern Geräusche möchte er schaffen – und paradoxerweise ließe sich dieser Satz umdrehen und würde immer noch zutreffen: Nicht einfach Geräusche, sondern Musik möchte er schaffen.

Denn „AURORA“ ist beides: Lärm und Melodie. Kein Album, das im Hintergrund laufen kann und gefällt, sondern eine Platte, deren Brillanz man sich als Hörer erarbeiten muss. Zunächst wirkt es nämlich sperrig, beinahe unangenehm. Gleichzeitig spannend und interessant.

Doch immer wieder donnert und brodelt es bedrohlich im Soundteppich, den Frost über das Album wirft. Zu Beginn des Openers „Flex“ hebt „AURORA“ langsam ab, indem an Flugzeugtriebwerke erinnernder Krach (Krach hier im positiven Sinn) eingesetzt wird. Schon gleich geht es in „Nolan“ in die Fabrik. Gehämmert und gewerkelt wird nun und Frost bietet elektronische Musik, die sich immer näher am Industrial als am tanzbaren Moment aufhält.

Immer noch gibt es Menschen, die dem Elektro vorhalten, er wäre emotionslos und kalt. Ben Frost wird sie eines besseren belehren. Seine Musik spiegelt das Leben in einer hochtechnologisierten Gesellschaft, die zwischen Maschinen lebt und an deren Töne gewöhnt ist.

Mal wird dies expliziter zur Schau gestellt, dann wenn regelrecht die Funken fliegen („Sola Fide“). Mal sind es subtilere Klänge, die weniger aufdringlich und dennoch omnipräsent sind (z.B. ein Rauschen, wie bei der Suche nach einem guten Radiosender, in „A Single Point Of Blinding Light“).

All dies mag beim ersten Hören tatsächlich unterkühlt wirken. Melodien werden eher versteckt und der Sound ist kantig. Und dennoch: Musik, die die Post-Moderne so gut einzufangen weiß und damit einen Spiegel für die Gesellschaft bildet, ist nicht objektiv und damit auch nicht gefühlsarm.

Ob Ben Frost mit „AURORA“ unser System abbilden oder sogar kritisieren will, sei dahingestellt. Vermutlich muss man als Hörer selbst eine Entscheidung darüber treffen. Zunächst jedoch muss man sich trauen diesem Album Konzentration und Raum schenken. Egal, ob man „AURORA“ gut oder schlecht findet – irgendetwas löst es in einem aus und damit ist es ein ganz großes Album.

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