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Jan Delay – Live im Zenith, München

Jan Eizi-Eißfeldt-Boba-Fett Delay hat sich in seiner Karriere oft neu erfunden und sich dabei immer wieder als Trendsetter inszeniert, beispielsweise als er dem Hip-Hop Anfang der Nuller-Jahre den Rücken kehrte, weil Reggae gerade der neueste Scheiß war. Später erklärte er Reggae für „tot“ und jetzt sei Funk dran. Immer waren diese Momente der Selbstfindung authentisch, gewagt und horizonterweiternd. Sein Ausflug in die Welt von Rock und Metal wirkte hingegen ähnlich künstlich zusammengestöpselt wie Heinos Rocker-Auswüchse.

Lederjacken und Slayer-Shirts sehe ich keine, als ich das Münchner Zenith betrete, dafür ein durchgemischtes Publikum. Junge Menschen, die Jan Delay vermutlich nur als den coolen Funky-Guy im Anzug kennen, stehen neben Dreißigjährigen, denen man ansieht, dass sie früher mal mit Baseball-Cap zum Sound der Absoluten Beginner mit dem Kopf nickten. Für beide Generation wirkt es genauso unangemessen wie für das Disco-Style-Bühnenbild, als die Show mit bretternden Metal-Gitarren eröffnet wird und Jan Delay sein Lied über die Liebe zum Besten gibt.

Funk, Soul, Reggae und Hip-Hop können gut miteinander. Der Rock bleibt ein Fremdkörper, den Delay aber gekonnt und im richtigen Maß einsetzt: Alles ist eine große Show. Es ist, als würde das Publikum auf einer Bad-Taste-Party selbstironisch „Hyper Hyper“ rufen, als beim Song „Wacken“ plötzlich in der ganzen Halle die gehörnten Fäuste in die Luft gehen, dann aber in Hip-Hop-Manier von oben nach unten wippen. Nur ein paar Kilometer weiter verkleiden sich im selben Moment Touristen aus aller Welt mit Lederhose oder Dirndl und spielen auf dem Oktoberfest den Bayern – hier im Zenith spielt man bei Jan Delay den Rocker. So unglaubwürdig das alles wirken mag: Der Rock ist einfach nur ein neuer Stil in der Jukebox, die Jan Delay zusammen mit seiner Band Disco No.1 darstellt. Eine Jukebox, die gute Stimmung macht, denn die neuen Hammer & Michel Songs sind ja auch richtig gut.

Beim Konzert wechseln sie sich ab mit Klassikern wie „Wir machen das klar“, „Türlich, Türlich, sicher Digger!“ (im bekannten Word-Up-Remix), „Ich möchte nicht, dass ihr meine Lieder singt“ oder „Feuer“. Dazwischen reihen sich Einlagen aus der internationalen Musik: Macklemore & Rian Lewis oder M.O.P. werden zitiert und vermischt mit Rap-Texten aus der Zeit, als Jan Delay noch Eißfeldt hieß (was er heute nur noch privat tut). Ein bisschen schade: Ich hätte einen Song wie „Füchse“ auch gerne auf dem Original-Beginner-Beat gehört. Aber das Publikum feiert trotzdem und keiner hat einen Grund, sich zu beschweren. Delay bringt alle seine großen Hits unter und sogar beliebte B-Seiten wie der Reggae-Song „B-Seite“ sind zu hören. Ich sehe einen Mann in seinen 30ern, der die Augen schließt und seine Hand hebt – Ich weiß genau, wie er sich gerade fühlt.

Jan Delay macht eine Wahnsinns-Show, auch wenn er selbst auf der Bühne ein bisschen zurückhaltend wirkt. Das gleicht die große Band mit ihren Soul-Sängerinnen und Bläsersätzen aber aus. Und für Unterhaltung ist spätestens gesorgt, als sich die männlichen Bandmitglieder mit den „De-Ladies“ (so nennt Jan seine Sängerinnen) ein Tanzbattle liefern. Ganz im Sinne von „Sie kann nicht tanzen“. Konnte sie aber doch, denn natürlich gewinnen die Mädels am Ende die Herzen des Publikums.

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