Bisher waren Lily & Madeleine allenfalls für Promo in Berlin. Nun kehrten sie mit ihrem zweiten Album „Fumes“ erneut in die Hauptstadt zurück und zeigten sich das erste Mal auf einer Club-Bühne. Einen guten Eindruck haben sie dank ihres Debüts und dem im Oktober erschienenen Nachfolger bereits im Studio hinterlassen, und so war es nicht verwunderlich, dass bei ihrem Tourstopp im bereits winterlichen Berlin zahlreiche Besucher den Magnet Club füllten. Bevor es mit den beiden Schwestern aus Indianapolis losgehen sollte, gab es aber noch zwei Support-Acts, die der wartenden Menge die Zeit vertrieben.
Genügend Material für ein ausgiebiges Konzert haben Lily & Madeleine zur Verfügung. Es sollte dennoch ein vergleichsweise kurzes Konzert werden, das insgesamt nicht einmal eine Stunde lang andauerte. Das war vor allem der gesundheitlichen Verfassung von Lily zu schulden, die sich mit einer fetten Erkältung auf die Bühne schleppte. Mit dickem Schal um den Hals gewickelt und dem ständigen Griff zur Wasserflasche wirkte sie deutlich angeschlagen. Das regelmäßige Befeuchten der Kehle hatte immerhin den Effekt, dass sie überhaupt einen Ton herausbekam.
Sang sie einmal nicht ins Mikrofon wurde sie oftmals prompt von einem Hustenanfall geschüttelt und musste aufgrund ihres Zustands sogar hier und da ein paar ihrer Gesangsparts an ihre ältere Schwester Madeleine abgeben. Die half ihr natürlich gerne aus und überbrückte mit ihrer glasklaren Stimme jene Stellen, an denen es nur für den von Lily sogenannten Flüstergesang reichte. Aller Entschuldigungen zum Trotz hielt sie sich aber das gesamte Konzert über wacker auf den Beinen und ließ sich dabei auch nicht bei ihrem Gitarrenspiel aus der Fassung bringen, das sie sehr konzentriert verfolgte.
Kaum waren die beiden Schwestern samt einer zusätzlichen Cellistin auf der halbrunden Bühne des Magnets angekommen, entledigten sie sich erst einmal ihrer Schuhe und verbrachten den Rest des Konzertabends auf ihren Wollsocken. Ein ähnlich heimeliges Gefühl verbreiteten sie auch mit ihren folkig, poppigen Songs, die sie klanglich ruhig und fast schon ein wenig zaghaft vortrugen. Madeleine am Keyboard und Lily an der Gitarre, das harmonierte ebenso gut wie ihre Stimmen, auch wenn letztere von ein paar Viren geplagt war. Längst ist aus den schüchternen Teenagern ein ernstzunehmendes, gereiftes Duo geworden, das auch körperliche Strapazen professionell wegsteckt.
Laut deren zwischenzeitlichen Erzählungen findet das Tourleben ohne großartige Sightseeing-Stopps statt. Nach den Clubs, Hotels und ein paar Radiostationen zieht es die beiden Amerikanerinnen aktuell höchstens noch in die ein oder andere Apotheke, um Schlimmeres zu verhindern. Die restliche Zeit ziehen die Städte, in denen sie spielen, ein wenig zu verschwommen an ihnen vorbei. Lauscht man ihren Songs, entwickelt sich aber die Vorstellung, dass es ohnehin nicht mehr lange dauern kann bis die beiden wieder im Studio bzw. erneut auf Tour sein werden. Der für ihr Alter doch sehr bemerkenswert reife Inhalt der Songs und die zum Ausdruck gebrachte emotionale Stärke sind beides starke Indizien dafür, dass die musikalische Reise noch längst nicht ihren Zenit erreicht hat.
Umso sympathischer, dass von irgendwelchen Allüren gar keine Rede sein kann. Statt Sonderbehandlung sind Lily & Madeleine auf dem Boden der Tatsachen geblieben und interagieren völlig unbeschwert und unterhaltsam mit dem Publikum, das während der Show wie gebannt ihren Songs folgt, ohne dass mehr als ein leises Murmeln im Club wahrzunehmen ist. Und das, obwohl die musikalische Umsetzung mit Keyboard, Gitarre und Cello relativ schlicht gehalten ist. Die dennoch vorhandene Intensität entwickelt sich dabei aus der Bestimmtheit der Stimmen, die sich live ebenso sehr wie auf Platte ergänzen und dem Inhalt der Songs Nachdruck verleihen.
Die zu spielenden Songs auf einem Pappteller notiert, der die nächste musikalische Zwischenmahlzeit anzeigte, wirkten die drei Musikerinnen bestens aufeinander abgestimmt und konnten sowohl bei neuen Stücken wie „Rabbit“ oder „The Wolf Is Free“ bzw. älteren Songs wie „Devil We Know“ und „Paradise“ punkten. Gegen Ende des Sets versagte Lilys Stimme dann aber leider endgültig, so dass ein Weitersingen unmöglich wurde. Während Madeleine nach der Show noch fleissig Autogramme schrieb und mit den Fans ins Gespräch kam, lautete die Anordnung für Lily dagegen, keinen Ton mehr von sich zu geben. Bei der nächsten Tour sind dann hoffentlich beide Schwestern wieder gesundheitlich auf der Höhe und können ihr volles Potenzial ausschöpfen, das trotz kleinerer Stolpersteine im Weg auch dieses Konzert zu einem schlichtweg schönen Erlebnis machte.