Die australische Musik-Szene ist seit Jahren ein gutes Pflaster für Künstler, die sich dem elektronischen Genre verschrieben haben und fernab der europäischen Elektro-Kultur ihre ganz eigene Nische zum Experimentieren nutzen. Neben Bands wie The Presets oder PVT, die auch in Übersee ansehnliche Erfolge verbuchen konnten, gehört auch das Trio Seekae zu jenen Acts, deren kreatives Output sich einen Weg über den fünften Kontinent hinweg bis zu uns gebahnt hat. Im Spätsommer diesen Jahres veröffentlichte die Band ihr mittlerweile drittes Studioalbum namens „The Worry“.
Grund zur Sorge mussten die in Sydney und London beheimateten Musiker nicht haben als sie im Rahmen ihrer Tour für ihr Live-Debüt in Berlin anreisten. Längst haben sie den Status eines Geheimtipps hinter sich gelassen und sich eine respektable Fanbase erspielt. So verwunderte es auch nicht, dass ihre Show in der Kantine am Berghain vorab ein „Ausverkauft!“ meldete und man sich kurz vor Beginn des Konzerts allenfalls mit Geduld durch die Räumlichkeiten schlängeln konnte.
Beim Support Jack Chosef hatte das Publikum dagegen noch reichlich Luft, um sich dem über weite Strecken seines Sets sportlich umher hüpfenden Kauz anzuschließen. Vielleicht hätte er es jedoch einfach dabei belassen sollen seine eletronisch-poppige Musik mit Unterhaltungsfaktor für sich sprechen zu lassen. Seine leicht verschrobenen Ansagen zwischen den Songs trugen eher dazu bei, dass man sich den nächsten Song wünschte und der von Chosef an den Tag gelegte Humor oftmals unnötig und aufgesetzt wirkte.
Seekae brauchten zum Glück nur ihre Instrumente, um die Menge für sich zu gewinnen. Das Equipment großzügig über die breite Bühne verteilt, erklommen sie im Schummerlicht die wenigen Stufen hinauf zu dem Ort, an dem sie ihre Songs wenig später mit großer Konzentration und ohne überflüssige Interaktion auf die Fans losließen. Schnell wurde dabei klar, dass die drei Herren Alex Cameron, George Nicholas und John Hassel ein extrem eingespieltes Team sind, bei dem es nicht einmal eine sichtbare Kommunikation untereinander bedurfte.
Was sie zu sagen hatten, geschah ausschließlich über die Musik und so wirkte jedes Bandmitglied in seinem Bühnenbereich wie ein smarter Tüftler, bei dem zumindest nach aussen hin jeder Handgriff saß. Während Nicholas und Hassel links und rechts auf der Bühne im Kunst-Nebel emsig Synthesizer, Effekt-Geräte und Laptops bearbeiteten und dabei dennoch nicht verkrampft wirkten, agierte der schlacksige Cameron derweil ruhig und mit entschlossenem Blick am Mikrofon, das er seit „The Worry“ des öfteren aufsucht. Die Drumsticks unter den Arm geklemmt, lag sein Gesicht durch sein Basecap verdeckt meistens im Dunkel. Nur ab und zu blitzten seine angespannten Gesichtszüge im Licht der Disco-Kugel auf, die die Bühne in kleine Glitzerpunkte tauchte.
Mit zunehmenden Verstreichen der Songs wuchs nicht nur die Reaktion und Tanzbereitschaft der Anwesenden, sondern auch der leidenschaftliche Biss mit dem Seekae ihre Songs in herrlich verkopfte, rhythmisch-komplizierte Tracks verwandelten, die sich aus der anfänglichen Ruhe und Schlichtheit langsam und stetig empor hoben, so dass sie binnen Minuten einen aufreibenden, verschlungenen Charakter annahmen, dessen Groove man sich unter keinen Umständen entziehen konnte.
Besonders Stücke der ersten beiden Alben „The Sound Of Trees Falling On People“ und „+Dome“ bestachen durch ihre kraftvolle und durchdringende Umsetzung, die einmal mehr unterstrich, wie scharfsinnig das englisch-australische Trio live zu Werke geht. Ihr Label Future Classic, das auch Flume oder aber Chet Faker unter Vertrag hat, bewies mit Seekae ein weiteres Mal ein gutes Händchen. Das sah das Publikum in der Kantine am Berghain ähnlich und versuchte die Band vergeblich für eine Zugabe zurück auf die Bühne zu holen. Aufhören wenn es am Schönsten ist? In diesem Fall sehr schade, aber so bleibt die Hoffnung auf eine baldige Rückkehr.