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Natalie Prass – Natalie Prass – Die hohe Kunst des Arrangements

Die in Cleveland geborene Natalie Prass reiste bereits als Teenager von der Ost- zur Westküste. Wer reist, kann bekanntlich etwas erzählen und Natalie Prass hatte genug Stoff für Songs gesammelt, die sie nun für ihr Debütalbum, das ihren Namen trägt, aufgenommen hat. In Virginia wurde sie dabei von Matthew E. White unterstützt. White hatte 2013 mit seinem Album „Big Inner“ und der EP „Outer Face“ für Furore gesorgt, zudem ist er Kopf des Labels Spacebomb Records. Auf diesem ist auch Natalies Single „Bird Of Prey/Any Time, Any Place“ veröffentlicht worden, die ihr großes Talent offenbarte.

Ein Talent, das mühelos ein Album füllen kann, denn diese neun Songs mit einer Gesamtspieldauer von 39 Minuten überzeugen in allen Belangen. Die Handschrift von Matthew E. White ist in den opulent-kunstfertigen Arrangements präsent, in Verbindung mit Natalie Prass‘ Stimme der reinste Genuss. Die Arrangements haben ihre Wurzeln beim Soul von Hi Records in den 70ern, bei Platten von Isaac Hayes, Marvin Gaye und Sam Dees. Oder die Instrumentierung lehnt sich an epische, orchestrale Filmsoundtracks an. Dementsprechend schimmert auch die Arrangement Kunst von Van Dyke Parks, Randy Newman und Harry Nilsson wiederholt durch.

Natalie Prass zeichnet mit ihrer modulationsfähigen Stimme feingeistige Melodielinien, die von bittersüß über herzergreifend bis zu elegant reichen. Bereits der Auftakt „My Baby Don’t Understand Me“ legt hiervon Zeugnis ab. Ihre Stimme wird nicht nur hier in ein watteweiches Wolkenbett aus Streichern und Bläsern, die gemeinsam mit der Rhythmusgruppe einen sanften Groove erzeugen, gehüllt. Zudem werden hin und wieder fantasievoll mäandernde Flöten eingesetzt, die z.B. in „Bird Of Prey“ auf eine zischende Hi-Hat, wohltemperierte Bläser und ein zartes Streichergespinst treffen. Den meisten Pop-Appeal hat „Your Fool“ mit simpler Melodie- und Rhythmusstruktur, und dennoch kunstvoller Ausgestaltung.

Ausschließlich in Streicher-, Bläser- und Harfenklänge wurde „Christy“ gekleidet. „Why Don’t You Believe In Me“ ist ein kleines, Spannung und Entspannung erzeugendes Drama. Und „Violently“ hält glücklicherweise nicht, was der Titel verspricht, sondern zaubert über ein Pianomotiv himmlische Streicher sowie das herzbewegende, mädchenhaft-süße Soul-Timbre von Prass. „Never Over You“ ist wieder nah am Hi Records Sound der 70er Jahre, weist jedoch mit zeitgemäßem Arrangement darüber hinaus. Pop-Simplizität, Kunstfertigkeit und Dub-Effekte vereint „Reprise“. Zum Finale rundet das in Breitwand-Format gestaltete „It’s You“ gemeinsam mit Natalie Prass‘ lichternder Stimme das Album aufs Wundervollste ab.

„Natalie Prass“ ist auf superangenehme Art nostalgisch und dennoch zeitgemäß. Mix, Produktion und Arrangements ergänzen sich, atmen Zeitlosigkeit, so dass sich die Frage Retro oder nicht, kaum stellt. Insofern ist dieses Album ein erster, früher Kandidat für die im Januar noch in weiter Ferne liegende Jahresendabrechnung. Wer diese Platte lieben lernt, der sollte unbedingt bei „Indian Ocean“ von Frazey Ford reinhören, einem Country-Soul Album mit den Hodges Brüdern, die Teil der Original Hi Rhythm Section waren. Natalie Prass ist ihre jüngere Schwester im Geiste und hat ein schier unglaubliches Debüt abgeliefert! Chapeau!

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