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Noel Gallagher’s High Flying Birds – Chasing Yesterday

Der zuständige Mitarbeiter im Job-Center Manchester hielt es wahrscheinlich nicht für den Master-Plan, als die Gallagher Brüder 1991 mitteilten, dass sie ihren weiteren beruflichen Werdegang im Musik-Business sehen. Es war aber einer, sie wurden Rock-Stars und bescherten uns mit Oasis Melodien für Millionen. Mit unnachahmlichem Sinn für Understatement identifizierten sie sich als die einzig wahren Song-Schreiber auf dem Planeten (nur gegenüber Richard Ashcroft war man gnädig gestimmt), setzten jedoch ihre Querelen aus den Kindertagen konsequent fort, was unweigerlich zum Ende der Band führte. 2009 hatten sie es endlich geschafft, beide trotzen seitdem getrennt voneinander weiter.

Liam formierte mit dem Oasis-Rest den Hybrid Beady Eye, für die nach zwei CD-Anläufen im letzten Jahr Feierabend war, Noel brachte es mit seinen High Flying Birds bis dato auf eine Scheibe. Darauf war dann unschwer zu erkennen, wer in Sachen Song-Writing in der Familie die Hosen anhat. Auch wenn sein flügellahmes Debüt über eine dreiviertel Millionen Einheiten absetzte: vermisst hätte die Musikwelt alle drei Platten nicht.

Jetzt fliegen die High Flying Birds wieder mit “Chasing Yesterday”. Beim Einsteiger „Riverman“ wird dem Brit-Pop Freund dann gleich warm ums Herz, klingen doch die ersten Akkorde verdächtig nach „Wonderwall“ – bis plötzlich ein Saxophon-Solo einsetzt. Noel Gallagher nennt das Space-Jazz und gleich im Anschluß traut sich die Platte, noch einmal über den eigenen Schatten zu springen: „In The Heat Of The Moment“ groovt zu Glockengeläut relativ basslastig über den Dancefloor, der sonst so dominanten Gitarre bleibt hier nur die Rolle des Ergänzungsspielers. Damit ist der Innovations-Schub auch schon wieder vorbei, der Rest bleibt weitestgehend heimelig. So könnte „The Dying Of The Light“ein Stück von „(Whats The Story)Morning Glory?“ sein, aber von sich selber abzuschreiben generiert schließlich keine Plagiatsvorwürfe.

„The Chief“ hört aus dem Sound der neuen Platte Queens Of The Stone Age und T.Rex heraus, naheliegender scheinen aber die Hollies (wo doch laut Noel in den Sixties ohnehin alles besser war) und, wenn sich wie in „The Mexican“ (in dessen Gitarrenkoffer sich hier wirklich eine Gitarre befindet) an Garagen-Rock orientiert wird, Black Rebel Motorcycle Club. Beim Rennen zwischen dem straight herunter geschrammelten „You Know We Can´t Go Back“ und dem übermütigen „Look All The Doors“ um den besten Song des Albums, hat erstgenannter am Ende die Nase leicht vorn, während das auf Hit getrimmte Outro „Ballads Of The Mighty I“ (mit The Smiths Legende Johnny Marr an der Gitarre) durch reichlich verschüttete Synthie-Soße klebrig klingt.

Trotz Saxophon und Disco vertraut der Altmeister auf „Chasing Yesterday“ grundsätzlich nur dem eigenen Sound-Universum. Eine solide Platte, die weder schadet noch nützt, ökonomischer wäre es, die beiden Streithähne produzieren wieder etwas Gemeinsames. Der kleiner Bruder hat diesbezüglich bereits orakelt und die Anzahl überflüssiger CDs würde so halbiert.

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