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Doldrums – The Air Conditioned Nightmare

Ein Musik gewordener Albtraum wäre ebenfalls ein guter Titel für diese Scheibe und das ist durchaus im positiven Sinne gemeint. Den Kanadier Airick Woodhead, früher aktiv bei der Indie-Rock Band Spiral Beach, verschlägt es mit seinen Doldrums und deren Album “The Air Conditioned Nightmare” in ein fernes Paralleluniversum, weit ab von jeder Realität, weg von jeglichem Bekannten. Es ist ein Experiment, dessen Weg und Ziel noch nicht bekannt ist. Kurzum: Es ist ein wahres Kunstwerk.

Mit “Hotfoot” wird man in die Atmosphäre hineingeleitet. Anstatt Gitarrenwände, wie das bei seiner früheren Band der Fall war, umschwärmen einen hier satte Keyboardattacken, begleitet von Airick Woodheads unverkennbarem Gesang. Das anschließende “Blow Away” wirkt schon fast spielerisch und niedlich. Doch wenn “Funeral For Lightning” herein rauscht, wird plötzlich alles anders. Ein einprägsamer Basslauf zerstört die wohlige Stimmung und der Gesang führt einen merkwürdig metallischen Unterton mit sich.

Mit “Video Hostag” fahren die Doldrums dann das Tempo wieder runter und überraschen mit fast Trip-Hop-artiger, atmosphärischer Musik, die sich langsam steigert und eine geradezu unheimliche Intensität entwickelt. Als Abschluss folgt dann “Closer 2 U”. Der Song will melodisch nicht so ganz zu den anderen passen, ist aber, da er ohne Schnörkel auskommt, doch ein perfektes Outro für diese überragende Zusammenstellung Airicks Band, die damit aber hoffentlich noch nicht auf dem Höhepunkt Ihrer Kreativität angekommen ist. Die Doldrums haben mit diesem Ausnahmealbum den zur Zeit etwas verschnarchten Pop auf eine neue fast himmlische Wolke katapultiert.

Kunstwerke in Wort fassen zu wollen, ist nicht nur ein meist hoffnungsloses, sondern auch ein gemeines Unterfangen. Wem gelingt es schließlich schon, wirklich das zu verstehen, was der Künstler ausdrücken will? Tut man ihm nicht großes Unrecht, rudimentär das zu beschreiben, was er Monate (manchmal Jahre-) lang in seinem Kopf ersonnen hat? “The Air Conditioned Nightmare” ist so ein Werk. Die zehn Stücke wirken nie wie ein Fluss, nie wie eine gewöhnliche Abfolge von Songs, die als Ganzes diesen oder jenen Zusammenhang bilden, eher wie eine Collage aus vielen, unzähligen Bildern präsentieren sie sich. Eine Skizze hier, ein monumentales Bildepos da.

Dies ist nicht Musik im herkömmlichen Sinne, Tonmalerei trifft es am ehesten. Meist nüchtern, emotionslos. Gefühle werden keine geweckt. Nur Visionen vermittelt. Schemenhafte, nebelumwölkte Gebirge. Vage Einblicke in Bereiche, die der Transzendenz nahe kommen.

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