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Algiers – Algiers

Dass dieser seltsame Hybrid aus Gospel oder dunklem Soul und Post-Punk oder New-Wave sich ursprünglich in Atlanta gefunden hat, passt. Hier, in den Zentren der Südstaaten der USA, fand er starken Anklang, jener Protest-Soul einer Nina Simone oder Sly & The Family Stone.

Mit der gleichen politischen und gesellschaftskritischen Schlagkraft croont sich Sänger Franklin James Fischer die Seele aus dem Leib, auf dem Debütalbum von Algiers.

Doch genauso zum postmodernen Hybrid-Sound Algiers passt der weitere globalisierte Werdegang: Erst nach New York, jetzt in London, von hier aus die ganze Welt. Algiers sind überall zuhause, so lange es englischsprachig und großstädtisch zu geht, scheint es. Gewaltig und pathetisch, aufgeladen und zeremoniell, das alles sind Algiers auf ihrem selbstbetiteltem Debüt.

Da braucht man nicht lange herum zu analysieren: Algiers verkörpern eine musikalische Avantgarde im Pop. Das will nicht sofort eingängig ins Ohr. Das erfordert gewissenhafte Konsumption. Auseinandersetzung statt Berieselung.

Finde ich super. Popmusik kann mehr als nur gefallen, beziehungsweise, kann viel mehr gleichzeitig. Kendrick Lamar, anyone? Dass das Debüt dieser dreiköpfigen Band dann doch „nur“ talentiert und gut, und nicht bahnbrechend großartig ausfällt, hat dann aber auch etwas mit diesem Willen zur Avantgarde zu tun.

Fischer und Co. wühlen kräftig auf und um, mit ihrem Post-Punk-meets-Gospel-Verschnitt, aber die hohe Kunst der Unnachahmlichkeit und der mitreißenden Melodien und Hooklines schaffen sie nur manches Mal.

Auf der Lead-Single „Irony, Utility, Pretext“, mit pathetischem Video zwischen Titos zerfallenen, monumentalen Ruinen des ehemaligen Jugoslawiens, gelingt der debütierenden Band dieser Spagat aus Niveau, Protest und Unterhaltung am besten. Die sich anschließenden „But She Was Not Flying“ und „Black Eunuch“ überzeugen ähnlich stark.

Aber das penetrierend Sakrale evoziert auch Kehrseiten. Mitunter sind die elaboriert vertonten messages zu viel des Guten, verzetteln sich Algiers im wehklagenden, andauernden Fingerzeig, und thront der Gesang Fischers zu sehr über dem Rest der Musik (überwiegt die stimmliche Mächtigkeit des Sängers zu sehr zur instrumentalen Stärke, gibt das häufig schmerzvolle Trennungen, alte Branchenweisheit, nicht war WU LYF?). Die Wärme der nicht unähnlich wirkenden Cold Specks wäre hier anzuempfehlen.

Zum Glück überwiegt die Wucht und der Überraschungseffekt: Algiers bringen eine scharfe Prise politischen Gospel in den Pop. Schüttelt gut durch.

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