Ponyfrisuren, Pickelgesicht, enge Hosen, Gitarre vorm Bauch und Kippe im Mundwinkel. Solche Jungs, zwischen 18 und 20, und (manchmal) nicht mehr ganz zurechnungsfähig, kamen in den letzten Jahren zu Scharen aus England. Fast glaubte man an ein Nest, an eine überirdische Spezies, die irgendwo in den hintersten Regionen des Landes gezüchtet wurde, um die Welt, nicht nur den Musikmarkt, zu erobern.

Jetzt sind die Niederländer am Zug, diesem doch schon vergangenen Trend hinterher zu hecheln. Sie heißen Taymir, kommen aus Den Haag und ihr Debütalbum “Phosphene”, das jetzt auch den Weg zu uns gefunden hat, ist dort bereits Ende 2013 erschienen. Taymir stammen musikalisch gesehen aber aus demselben Wurf wie Arctic Monkeys, The Libertines oder The Strokes

Der Opener “Aaaaah” von “Phosphene” kommt mit einer Menge Pop daher, schnellem Schlagzeugspiel und hektischen Gitarren, hier geht es zur Sache, man will keine Zeit verlieren. Taymir wissen, wie man den Hörer bei einer eher dürftigen Gesamtspielzeit von etwas mehr als einer halben Stunde bei Laune hält.

Eine kleine Pause, einmal tief Luft holen, dann geht es weiter mit “All Of The Time”, und man möchte wirklich dabei sein, am besten im Studio, und diesen Jungs beiseite stehen. “Good Times” startet ruhig, dennoch fühlt man sich kurzzeitig an die The Kooks erinnert. Nach nicht mal 30 Sekunden reißen die Jungs selbst diese Illusion ein. Im Laufe der nächsten Songs wird der Einfluss ihrer Vorbilder auf die Band deutlich: sie üben sich in großen Gesten. “High Roads” klingt dramatisch, hier wird dem Außenstehenden endgültig bewusst, dass “Phosphene” für eine begrenzte Zeit etwas anderes sein will, aber dennoch gelingt es Taymir nicht, genügend Eigenständigkeit in ihre Musik mit einzubinden. Dennoch macht die Platte einfach Spass und nicht jede Band kann die Musik revolutionieren und neu erfinden.

So steht jeder Song im Grunde für sich, kaum einer dauert länger als drei Minuten. Einzig das nach der Band benannte Lied “Taymir” überschreitet diese Marke und erinnert an Abende, an denen man mit seinem Vater vor dem alten Plattenspieler saß und diesen ganzen komischen Bands lauschte, die man nicht kannte und deren Poster man sich mit spätestens zwanzig Jahren an die Wand hängte.

Auch “Phosphene” fordert dazu auf, sich vor den Plattenspieler zu setzen und zuzuhören, mitzufühlen, mitzusingen. Man möchte es seinen Freunden vorspielen, man möchte es zum Ende einer großen Feier auflegen, man möchte sich zu den letzten Klängen von “Jenny” verabschieden und zu den klebrig süßen Melodien von “Melanie” noch einen letzten Blick in den Raum werfen. Dann möchte man sich ins Bett legen – und die Platte unbedingt zum Einschlafen hören.

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