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Iron And Wine And Ben Bridwell – Sing Into My Mouth

Cover-Alben werden aus den verschiedensten Gründen gemacht. Oft geht es darum, dass andere Musiker herausragenden Songschreibern ihren Respekt erweisen wollen. Oder Songs werden im Rahmen eines übergeordneten Konzepts noch einmal neu interpretiert. Oder es geht darum, prägende persönliche Einflüsse aufzuzeigen. Bei „Sing Into My Mouth“ von Sam Beam (alias Iron & Wine) und Ben Bridwell (Band Of Horses) trifft das eigentlich alles zu und hat noch eine andere Motivation: Die beiden sind uralte Kumpels und wollten einfach mal etwas zusammen machen.

Denn Beam und Bridwell sind beide in Columbia in South Carolina aufgewachsen und kennen sich schon seit Ewigkeiten. Schon in jungen Jahren schickten sie sich gegenseitig Mixtapes und feierten die Songs gemeinsam ab. Schon ein Hinweis darauf, dass es bei „Sing Into My Mouth“ nicht um eine ambitionierte Neudefinition von Musik, den Welthit oder die große persönliche Weiterentwicklung geht.

Hier geht’s eigentlich hauptsächlich darum, dass zwei alte Freunde Spaß daran hatten, ein paar ihrer Lieblingssongs auszugraben und mal zu gucken, was passiert, wenn man sie klanglich in ein anderes Genre beamt. Und entsprechend der musikalischen Ausrichtung von Iron & Wine und Band Of Horses geht das natürlich in Richtung Americana. Sprich, Country, Country-Rock, Folk, Southern-Rock u.ä.. Dazu eine gelegentliche kleine Prise Psychedelic.

Auf der Liste der gecoverten Musiker und Bands stehen dabei in diesem Kontext eher ungewöhnliche Namen wie die Talking Heads, Sade, Spiritualized, John Cale und El Perro del Mar. Aber auch stilistisch nicht ganz so abwegige wie Bonnie Raitt, Ronnie Lane, Pete Seeger, die Marshall Tucker Band und J.J. Cale.

Besonders charmant gelingt ihnen die Stil-Transformation zum Beispiel bei “This Must Be the Place (Naive Melody)” von dem 1983er Talking Heads-Album „Speaking In Tongues“. Der Song wird aus seinem Frühachtziger Klangbild geschält und zu einem entspannten Country-Stück umgebaut, inklusive Pedal-Steel Gitarre und Ziehharmonika. Auch die Übertragung von Sade’s „Bulletproof Soul“ gelingt. Der Late Night-Charakter des Stücks wird beibehalten. Nur hat man bei dem Song jetzt nicht mehr eine stylige Frühneunziger Bar um vier Uhr morgens im Kopf, sondern eher eine Kneipe in einer amerikanischen Kleinstadt um vier Uhr morgens.

Dass das auch in die andere Richtung funktioniert, zeigt die Interpretation von Pete Seeger’s Ur-Folkstück „Coyote, My Little Brother“. Auf „Sing Into My Mouth“ wird daraus eine relaxte Country-Space-Rock-Nummer. Ähnlich J.J. Cale’s “Magnolia”: Durch Echo auf dem Gesang und ein paar anderen Soundeffekten, bekommt das Stück einen netten, leichten Psychedelic-Charakter.

Es gibt aber auch Versionen, die nicht ganz so abseits vom Original liegen. Wie zum Beispiel Ronnie Lane’s „Done This One Before”. Den erdigen Folk-Rock der Ballade bauen Sam Beam und Ben Bridwell zu einem gut abgehangenen, laid back Southern-Rock-Stück mit singender Pedal Steel Gitarre aus. Genauso wie „The Straight And Narrow“ von Spiritualized, das auch im Original nicht ganz so weit vom Country gebaut ist. Der Mehrwert hält sich in diesem Fall nach Abzug von Jason Pierce Stimme allerdings eher in Grenzen.

Gesungen wird auf „Sing Into My Mouth“ im Wechsel. Nur hin und wieder teilt man sich das Mikro und singt gemeinsam in Harmonie.

Wollte man nörgeln, könnte man anführen, dass die zwölf Stücke im Ablauf soundmäßig schon etwas einheitlich kommen. Aber warum groß mosern. Stattdessen sollte man sich eine Veranda denken auf die man sich setzt. Und wie auch schon das Cover des Albums nahelegt, sollte man das ein oder andere Unter- oder Obergärige aufmachen und sich in den warmen und entspannten Sound von „Sing Into My Mouth“ fallen lassen. Geht übrigens auch ohne gedachte Veranda. Prost!

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