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Man erfährt auch als Mensch mehr über sich – Landshapes im Interview

Mit ihrem neuen Album “Heyoon” präsentieren sich die britischen Indie-Popper von Landshapes von ihrer düsteren und melancholischen Seite. Zwischendurch keimt aber auch immer wieder Hoffnung durch. So fühlt sich der Hörer des Öfteren zwischen Licht und Schatten gefangen. Doch die Fesseln sind aus Fleece, nicht aus Stahl. Man genießt die musikgewordene Achterbahnfahrt der Gefühle. Wir verabredeten uns mit der Landshapes-Sängerin Luisa Gerstein zum Gespräch und sprachen über höhere Gewalt, vielfältige Sounds und musikalische Reserven.

MusikBlog: Hi Luisa. Eure Sommer-Dates in Deutschland wurden kurzfristig gecancelt. Was war da los?

Luisa Gerstein: Wir wären gerne nach Deutschland gekommen. Aber der Tunnel zum Festland ist momentan leider komplett gesperrt. Also mussten wir die Shows leider absagen. Uns erreichten schon viele enttäuschte Mails. Aber wir können daran leider nichts ändern.

MusikBlog: Der eine oder andere, dem ich bisher davon erzählt habe, fragte mich: Warum kommen die nicht einfach mit dem Flieger rüber?

Luisa Gerstein: Das wäre so kurzfristig einfach zu kostspielig gewesen.

MusikBlog: Verstehe.

Luisa Gerstein: Aber die Leute sollten nicht allzu frustriert sein. Wir planen ja für Oktober noch eine richtige Tour. Dann werden wir die Shows nachholen.

MusikBlog: Dort werdet ihr dann sicherlich auch den einen oder anderen Song von eurem neuen Album „Heyoon“ präsentieren; ein Album, das sich ungewohnt mystisch präsentiert. Steckt da eine Geschichte dahinter?

Luisa Gerstein: Wir hatten, ehrlich gesagt, keinerlei Konzept oder Ähnliches im Kopf. Ich denke, dass das Album zeigt, dass wir als Band gereift sind. Wir waren diesmal in der Lage, unsere ganze Palette an Emotionen in die Songs zu legen. Das war beim letzten Album noch nicht so der Fall. Mittlerweile haben wir aber viel dazu gelernt. Auf dem neuen Album gibt es Songs, die in ihrer Entstehungsphase lange gebraucht haben. Dann gibt es aber auch Songs wie beispielsweise “Lone Wolf”, ein Track, den wir nach zehn Minuten im Kasten hatten. Wir haben uns die Freiheit genommen, die Ideen und Skizzen so zu verwerten, wie wir wollten. Das hat mal länger gedauert und manchmal ging es eben schneller. Wichtig war, dass wir uns keinen Druck gemacht haben.

MusikBlog: Es gibt auf dem Album auch unheimlich viele Genre-Tupfer zu entdecken. Die Platte ist nicht wirklich kategorisierbar. Ist das auch das Ergebnis einer natürlichen Entwicklung?

Luisa Gerstein: Ja, ich denke schon. Wobei ich finde, dass wir auch in der Vergangenheit nur schwer in eine bestimmte Schublade passten. Diesmal sind wir aber noch einen Schritt weiter gegangen. Da hast du schon Recht. Für mich sind Genre-Bezeichnungen nicht wichtig. Diese Herangehensweise an Musik ist völlig überholt. Entweder es klingt gut, oder eben nicht. Es gibt doch heutzutage kaum noch Bands, die sich ständig wiederholen. Jeder blickt mittlerweile gerne über den eigenen Tellerrand. Das macht die Musik von heute auch so spannend.

MusikBlog: Neben der Vielfalt innerhalb eurer Sounds, steckt ihr auch viel Arbeit in eure Texte. So finden sich auf „Heyoon“ Fingerzeige in Richtung Francis Godwin, Lydia Davis und Bas Jan Ader.

Luisa Gerstein: Inspiration ist natürlich wichtig. Aber noch wichtiger ist, was man letztlich daraus macht. In unseren Texten geht es mehr um die Reflexion einzelner Themen. Wir projizieren dann die Geschichten und Erfahrungen anderer auf uns selbst. So erweitern wir automatisch unseren Horizont. Das beschränkt sich aber nicht nur auf eine künstlerische Ebene. Man erfährt auch als Mensch mehr über sich.

MusikBlog: Auch wenn ich nicht das Gefühl habe, dass mir auf dem Album noch irgendwas fehlt, könnte ich mir dennoch vorstellen, dass da noch längst nicht alles in die Waagschale geworfen wurde. Wie siehst du das?

Luisa Gerstein: Zunächst einmal freut es mich, dass du so empfindest. Ich hatte nämlich ähnliche Gedanken, als das Album fertig war. (lacht)

MusikBlog: Aber?

Luisa Gerstein: Oh, kein aber. Ich denke schon, dass wir beim nächsten Album genau da ansetzen werden, wo wir diesmal aufgehört haben. Sprich: Es wird noch mehr passieren. So denke ich zumindest momentan.

MusikBlog: Wäre alles andere für dich ein Schritt zurück? Im negativen Sinne?

Luisa Gerstein: Nein, nicht unbedingt. Man muss natürlich auch immer unterscheiden. Musik sollte immer aus dem Herzen heraus entstehen. Es sollte kein Plan dahinter stecken. Wenn ich also sage, dass ich hoffe, dass wir beim nächsten Album noch einen Schritt weiter gehen, dann meine ich damit, dass es mir wichtig ist, unseren Gefühlen zu folgen. Und nur unseren Gefühlen.

MusikBlog: Wer könnte sich denn dazwischen drängen?

Luisa Gerstein: Musik ist immer auch ein Geschäft. Es ist ein Business, in dem es natürlich auch um viel Geld geht. Also gibt es auch viele Leute, die zu allem eine Meinung haben. Und die ist nicht immer die, die man selbst im Herzen trägt.

MusikBlog: Würdest du an diesem Zustand gerne etwas ändern, wenn du könntest?

Luisa Gerstein: Keine Ahnung. Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Zu wissen, dass da draußen immer auch Leute sind, die dich und dein Tun verändern wollen, setzt ja auch viele Kräfte frei. Man muss sich ständig hinterfragen, ob man noch auf dem eigenen Weg wandelt, oder bereits fremdgesteuert wird. Man bleibt also aufmerksam. Das ist wichtig, denke ich.

MusikBlog: Auf das es so bleibt.

Luisa Gerstein: Es wird so bleiben. Da bin ich mir ziemlich sicher. (lacht)

MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.

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