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MS MR – How Does It Feel – Stil und Hochglanz

„How Does It Feel“? Ok, direkte Antwort auf eine direkte Frage: Seltsame Platte! Wenn man guten Pop mag, wünscht man sich eigentlich dass „How Does It Feel“ einen mehr packen würde. Es sind eine Menge guter Zutaten da, aber letztlich zündet MS MR’s Zweitwerk dann doch nicht so hundertprozentig über die ganze Strecke. Soweit das Resümee direkt schon zum Anfang.

Aber der Reihe nach. Schon mit ihrer ersten Single „Hurricane“ verschaffte sich das Duo aus New York 2012 einen perfekten Einstieg. Denn mit seiner dunklen Dringlichkeit und Lizzy Plapinger’s rauchig präsenter Stimme sorgte der Song direkt für Aufsehen. Allerdings waren hier auch keine Anfänger am Werk. Plapinger ist Mitgründerin- und inhaberin des Labels Neon Gold auf dem im Laufe der letzten acht Jahre Platten von gefeierten Indie-Poppern wie Charli XCX, Ellie Goulding, Haim oder Marina & The Diamonds erschienen. Und Producer Max Hershenow war neben seinem Choreographie- und Tanzstudium schon länger auch als Musiker aktiv. Man kann also davon ausgehen, dass die beiden wissen, was sie machen und wie man es dann auch am Besten in Szene setzt.

So war es kein Wunder, dass das ein Jahr später erschienene Debut-Album „Secondhand Rapture“, mit seinem eigenwilligen, aber nie zu abgedrehten Indie-Pop den guten Eindruck von „Hurricane“ bestätigte. Das Duo wurde gefeiert. Spielte auf großen Festivals. Bekam Radioairplay. Ihre Songs waren auf Top-Designer Modeschauen genauso zu hören wie in kleinen Clubs und gut dotierten Werbespots. Musik, die ihren Widerhall in der Vogue fand, genauso wie in Indie-Postillen.

„How Does It Feel“ sollte dies jetzt auf das nächste Level führen. Und schon der Opener „Painted“ zeigt, dass die beiden es ernst meinen. Sehr gut inszenierter Breitband Pop mit raumgreifender Dramatik. Kommt auch sehr gut, wenn man das High Class-Video zum Song sieht. Überhaupt ist die Beziehung von visueller Präsentation und Musik kein unwesentlicher Bestandteil von MS MR’s Konzept. Und das beschränkt sich nicht nur auf das Aussehen von Ms. Plapinger, sondern auf das ganze Paket aus Stil, Styling, Appeal und Attitüde. Diesmal sogar noch stärker als bei „Secondhand Rapture“. Was aber auch nur logisch ist, denn großer Pop beinhaltet auch immer eine ordentliche Portion überlebensgroßen Glamour.

Allerdings überwuchern auf „How Does It Feel“ Stil und Glampose gerne mal die inhaltliche Substanz der Songs. Vieles bleibt emotional an der Oberfläche, ohne dass es selten richtig unter die Haut geht. Eigentlich schade, denn stilistisch balancieren MS MR immer noch gekonnt über die schmale Linie zwischen Indie-Herkunft und Mainstreamverträglichkeit. Originelle Gesangsarrangements, Refrains, die – wenn sie losbrechen – oft direkt im Ohr zünden, ausgefeilte große Produktion mit Sinn für Stil. Und jede Band, die Lizzy Plapinger zur Sängerin hat, hat sowieso schon halb gewonnen. Auf Highlights wie “Painted”, „How Does It Feel“, „Leave Me Alone”, „Criminals“ und „Reckless“ kommt das auch ganz gut zusammen.

Demgegenüber stehen allerdings auch nicht wenige Songs, bei denen diese Mischung nicht richtig zündet. „Tunnels“ shuffled über dreieinhalb Minuten relativ flach und wenig spannend aus den Boxen. Ebenso das trip-hopig angehauchte „Wrong Victory“. „Pieces“ und „Tripolar“ geben wenigstens die Refrains genug Attraktivität. Alles nicht schlecht. Lässt einen aber emotional ziemlich kalt und packt nicht wirklich. Musik, der man wahrscheinlich auch als Beschallung in Klamottenläden begegnen wird. Irgendwie Füllstücke. Gut, ist jetzt auch keine Seltenheit, dass auch auf großen, klassischen Pop-Alben nicht nur Kracher zu finden sind, sondern auch eher etwas lauere Nummern. Andererseits aber auch schade, dass MS MR ihr Potential auf „How Does It Feel“ nicht komplett ausschöpfen und anscheinend mehr am großen Durchbruch in den Mainstream interessiert sind.

Mit seinem etwas kantigeren, ursprünglicheren Sound macht „Secondhand Rapture“ im Ganzen immer noch eine bessere Figur, als der aufpolierte Hochglanz von „How Does It Feel“. Aber die Vogue wird sie bestimmt weiter mögen. Und Lizzy Plapinger ist definitiv eine extrem gute Sängerin.

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