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Lambert – Stay In The Dark

Lambert, der Mann mit der schönsten Maske im deutschen Musikbusiness, ist ein vielbeschäftigter Mensch, arbeitet am Tag Songs von BOY, Erfolg oder Deichkind zu Klavierversionen um, macht Filmmusik („Hedi Schneider steckt fest“), spielt abends Shows mit José González oder Ólafur Arnalds  weshalb er zuletzt auch nur nachts Zeit fand,  sich mit seinen eigenen Kompositionen zu beschäftigen. Die Stimmung der Nacht hatte eine profunde Wirkung auf die ersten, nach der Geisterstunde entstandenen, instrumentalen Stücke, denn der Musiker hinter der Antilopenmaske beschloss, den Rest seines zweiten Albums in der nur durch die Lichtfetzen der hereinscheinenden Straßenlaternen durchbrochenen Dunkelheit zu Ende zu schreiben.

Über die entstandenen Aufnahmen hinweg fusionieren klassisch-romantische Themen mit zeitgemäß-minimalistischen Strukturen,  variieren Jazz-Elemente und Bläsersatz mit Elektronik-Frickelei und vereinen mit gebremstem Volumen den intimen Sound der nächtlichen Stunden in sich, dem Zeitpunkt, an dem selbst im urbanen Umfeld die Konzentration auf eine vordergründig auditive Wahrnehmung möglich wird.

„Stay In The Dark“ verlangt deshalb beim  Hören auch ein entsprechendes Umfeld, beim “By the Way Konsum” der Platte könnte wegen allgemeiner Reizüberflutung der Eindruck entstehen, die Stücke klingen alle gleich. Man muss deshalb aber nicht unbedingt nach Gülpe im Havelland (in der Nacht Deutschlands dunkelster Ort) fahren, um das Werk auf sich wirken zu lassen, es genügt natürlich auch, einfach das Licht auszuschalten.

Nach dem persönlichen Herunterfahren lassen sich die feinen Nuancen, das Filigrane in Lamberts Spiel erkennen, die aufgeregten, immer wiederkehrenden Parts, die beispielsweise den Opener „Talk“ durchziehen oder die repetitiven Muster des den Minimalismus huldigenden „Cole“. Der laut Lambert unterrepräsentierte Ton h wird in dem ihm gewidmeten „H“ im oberen dreistelligen Bereich angeschlagen während „Money  & Love“  mit seiner Verspieltheit den Schritt zum Jazzigen wagt.

Wenn „Lose“ noch sehr fragil klingt und der Einstieg von „Birds“ an den Unterricht im Ballettsaal erinnert, gerät die Melodie von „Noise“ schon beinahe ins rauschhafte Schwelgen. „The Sick System“ schwingt sich dann zu einer poppigen Leichtigkeit auf, die man bei dem eher melancholischen Grundton der Platte so nicht unbedingt erwartet hätte. Mit Schwermütigkeit schließt „The Ship“ dann das Album ab.

Das nichtkommerzielle Werk zwischen Neo-Klassik und Ambient-Pop einzuorden, ist sicher nicht falsch. In der Summe fällt es aber viel komplexer aus und eine Erklärung zu formulieren, warum die Platte so faszinierend ist, endet in einer gewissen Ratlosigkeit. Vielleicht ist es das Eintauchen in eine Musikwelt, die manchmal klingt als belauscht man eine Konversation zwischen dem brummigen Mond und den vorlauten Sternen.

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