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EL VY – Return To The Moon

Sänger einer erfolgreichen, grammynominierten Indie-Pop Band zu sein, kann ein ganz schöner Schlauch sein – oder, wie im Fall von Matt Berninger, bestens bekannt als Mastermind von The National, zu chronischer Schlaflosigkeit führen.

Es ist ja irgendwie auch nachvollziehbar: Eben noch jubeln dir tausende begeisterte Fans zu, kurze Zeit später sitzt du allein im Hotelzimmer einer fremden Stadt. Die Euphorie des Auftritts ist noch da, hat aber kein Ventil mehr. Einschlafen? So gut wie unmöglich.  Matt Berninger hat diese post-performativen, nervösen Zustände in Kreativität kanalisiert: Auf seinem Laptop existierte ein geheimer Ordner namens “The Moon”. Dort sammelte Berninger Songfragmente und Textentwürfe, die ihm in diesen Nächten durch den aufgewühlten Kopf gingen.

Gemeinsam mit seinem guten Freund Brent Knopf (Ramona Falls, Menomena) aus Portland, Oregon arbeitete Berninger die über viele Jahre entstandenen Kompositionsskizzen zu ordentlichen Songs aus und nannte das Bandprojekt EL VY.

Und was soll man sagen? “Return to the Moon” ist ein rundum gelungenes Album geworden, das wegen Berningers prägnanten Baritons natürlich an The National erinnert. Aber der Ansatz von EL VY ist spielerischer und zumindest musikalisch weniger dunkel und schwer als The National.

Der Titeltrack zum Beispiel erinnert mit seinen knackigen Gitarrenparts und der soften Funkyness an britische Bands des Postcard-Labels wie Orange Juice. “I’m the Man” karikiert Rock-Klischees, “Silent Ivy Hotel” schwelgt in nostalgischer Schwarz-weiß-Film-Atmosphäre, im atmosphärischen “No Time To Crank” singt Berninger mit sich selbst im Chor.

Jeder Song ist anders, und doch fällt das Album nicht auseinander: Als roter Faden lässt sich das Thema Einsamkeit in allen Stücken ausmachen, mal ganz konkret in “Sleeping Light”, mal ironisch verschlüsselt wie in “Paul Is Alive” – Berninger erfindet verschiedene Figuren wie eben Paul oder Didi, die in den Texten auftauchen, und doch ist “Return to the Moon” so autobiographisch wie noch kein National-Album zuvor.

Matt Berninger ist ein gefühlvoller Geschichtenerzähler und unverwechselbarer Vocalist dazu, Brent Knopf bastelt die passenden Soundgewänder drumherum – man darf sich auf die angekündigten Deutschland-Konzerte im Dezember wirklich freuen.

Nachsatz: EL VY soll man übrigens aussprechen wie “Hell Pie”, gemeint ist mit dem Kunstwort die Mehrzahl von Elvis, Elvisse also. Spricht dafür, dass Berninger in den vielen schlaflosen Nächten seinen Humor jedenfalls nicht verloren hat.

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