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Fuzz – II

Ty Motherfucking Segall, everyone! Auch wenn er hier nur hinter den Fellen sitzt und singt, Segall ist und bleibt der umtriebigste, manischste Wüterich im Rock, und damit nichts Geringeres als sein Erlöser.

In einer Phase, in der der Rock länger nichts Olympisches mehr hervorgebracht hat, und die fünf-Minuten-Rebellion des Mainstream-Rock der heutigen Foo-Fighters als Speerspitze gilt, halten auf den ganz großen Bühnen höchstens noch die Black Keys und Arctic Monkeys dagegen, mit ihrem Grundverständnis, dass Rock immer, egal wie schnell, egal wie laut, egal wie cool, ein Kind des Blues bleiben wird.

Das Debüt des Black Rebel Motorcycle Club ist bereits alt genug, um in Jim Jarmusch-Filmen Verwendung zu finden („Only Lovers Left Alive“); Queens Of The Stone Age’s Album für die Ewigkeit, „Songs For The Deaf“, ist längst betagt genug für Anniversary-Editions; aus dem früheren Messias Jack White, einem der entscheidenden Protagonisten, den Rock aus seiner Nu-Metal-Misere gegroovt zu haben, ist eine lächerliche, sich zu wichtig nehmende, verkokste Promi-Figur geworden.

In Sachen Erneuerung, Vererbung und Innovation zeigt sich der Folk gerade wesentlich flexibler, man schaue auf die Spielarten von Kurt Vile bis Joanna Newsom. Es mag was dran sein an der These, dass in unserer heutigen Zeit die individuelle kreative Kraft – der Solokünstler, der DJ – die kollektive – die gute alte Band – abzulösen beginnt.

In diesem Lichte ist das zweite Album von Ty Segalls zigtausendstem Side-Project Fuzz das Antidot (Apropos, weiß noch einer, wie aufregend das erste Foals-Album klang, im Vergleich zum einheitsbreiigen Jetzt?) zu unserer heutigen Entwicklung. Eine satte halbe Stunde länger als das Debüt, drückt, rifft, monstert, poltert und groovt sich dieser Heavy-Psychedelic-Rock-Mount-Everest in Gehörgänge, Blutbahnen und Hirnwindungen.

Klar ist das Nischenmusik. Black Sabbath-beseelte Monster-Riffs und Garage Rock-Prügeleien feinster Couleur werden die Zartbesaiteten dieser Welt nicht in Verzückung setzen. Aber Musikjournalismus muss die Summe der einzelnen Teile zusammensetzen können. Und die vielen einzelnen Scherben, die der San Franciscoer Wunderknabe im Fleische des uninspirierten Mainstream hinterlässt, ergeben ein phantastisches Gesamtbild: Wer den wahren Rock haben will, der muss zu Ty Segall greifen.

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