Nach sechzehn Jahre geraten Comebacks schnell zum lauwarmen Aufguss früherer Großtaten der jeweiligen Protagonisten. Nicht bei Boss Hog. Die klingen 2016 so frisch wie vor eineinhalb Jahrzehnten.
Die lange Pause hatte einen bodenständigen Grund. Christina Martinez war in Elternzeit. Die Sängerin und Ehefrau von Jon Spencer zog sich mit ihrem Sohn, der während der Tour zum Album „Whiteout“ noch im Bandbus mitreiste, zurück, um ihm der nötige Anker in den ersten Lebensabschnitten zu sein.
Für den Familienunterhalt sorgte in dieser Zeit überwiegend der Papa mit seiner Blues Explosion, aber auch Christina war als Produktionsleiterin des Magazins „Bon Appetit“ keineswegs inaktiv.
Jetzt, wo das Kind flügge geworden ist, war es für die Eltern höchste Zeit, sich wieder ihrer gemeinsamen künstlerischen Obsession zu widmen. Ein paar Proben und ein paar Gigs später stand das Gerüst für neues Material, Geld fand sich auch noch in der Boss Hog Kasse, also ab ins Studio.
Das neue Album“Brood X“, von Jon Spencer bereits vor vier Jahren im MusikBlog Interview vage angekündigt, erscheint zwar erst im nächsten Jahr, doch mit „Brood Star“ gibt es einen formidablen Vorgeschmack.
Im Spagat zwischen dem blasphemisch-punkigen Scheppern von Pussy Galore und dem poppigen Sound ihrer jüngeren Schaffensphase ist eine explosive 4-Song EP entstanden.
So knallt „Witchita Grey“ mit seinem schmierigen Garage-Outfit frisch und sexy aus den Boxen, klingt der durch Effektgeräte gejagte Gesang von Christina im Dialog mit dem von Hollis Queens wie zuletzt.
Die folgenden beiden Stücke „Booty Force“ und „Devious Motherfucker“ versprühen den Charme von mitgeschnittenen Jam-Sessions, in denen alle Möglichkeiten der Klangerzeuger ausgelotet werden.
Das straighte Brett „Disgrace“ spielt die letzte Karte im „Brood Star“ Songquartett und schließt diesen wunderbaren Appetizer. Die Vorfreude auf „Brood X“ ist somit völlig gerechtfertigt.