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Locas In Love – Kalender

Sehr produktiv sind in diesem Jahr Locas In Love. Nachdem bereits Anfang des Jahres ihr, zum Teil aus Privatverkäufen der Protagonisten Björn Sonnenberg und Stefanie Schrank finanziertes, Album „Use Your Illusion 3 & 4“ erschien und damit erstmals in ihrer Historie mit Platz 90 in Deutschland eine Chartplazierung erreicht wurde, legen die Kölner nun schon den nächsten Longplayer nach.

Diesmal hört alles auf den Namen “Kalender” und auch auf der inzwischen siebten Platte versuchen die Musiker das Spannungsfeld zwischen Befindlichkeits- und Diskurs-Pop zu beackern. Das ist schwierig genug, wurde bisher meistens vernünftig angepackt und begründet deshalb nicht, warum die Band seit 2001 in Sachen Bekanntheitsgrad eher die unteren Stockwerke der einheimischen Musiklandschaft bewohnt. Ähnlich erging es auch ihrem, immerhin unter der Flagge der Radiotauglichkeit gestarteten, Projekt Karpatenhund.

Das Bemühen, einen vielschichtigen Klangkonsens zu bedienen, brachte Locas In Love unberechtigterweise in den Verdacht, eine klingt-wie-Truppe zu sein. Deshalb kann der Titel „Ich Werde Ein Lied Für Alle Schreiben“ auf dem Album getrost unter Ironie verbucht werden, ein solches Stück wird ebenso wenig aus der Feder von Sonnenberg oder Schrank fließen wie aus der von irgendwem. Und das mittlerweile alles ein wenig nach allem klingt, ist kein Drama.

12+1 (offizielle Zählweise) Songs finden sich auf “Kalender”, damit einen für jeden Monat des Jahres. Wer eine Hardware-Version des Albums erwirbt, bekommt dazu zwölf universelle Kalenderblätter (deren Maß beträgt in der LP-Version aufgeklappt stattliche 30x60cm) welche eigens von der comic-affinen Stefanie Schrank gestaltet wurden.

Verortet zwischen Systemkritik, Partnerschaftsquerelen und dem Großen und Ganzen präsentieren Locas In Love ihre Themen nicht wie auf dem Vorgänger in Schachteln, Zitaten und Anspielungen, sondern verhältnismäßig offen, ohne das Um-die-Ecke-Denken dabei abzuschaffen.

Musikalisch wird im Prinzip alles richtig gemacht, “Kalender” startet mit „All Meine Großeltern“ melancholisch, hat auf „Alphabet“ das große Indie-Pop Einmaleins an Bord und gefällt nicht nur während „35 Tausend Millionen“ mit stimmigem Duett-Gesang. Auch wenn die Sängerin ihr „Ich bin eine Insel“ solo bietet, bleibt am Ende der Eindruck, dass einfache Strukturen nicht zwangsläufig belanglos bedeuten.

So setzen Locas In Love die eigene Taktung der Sprache für Trauer, Abschied und Benimm-Regeln fort, können bei aller gesellschaftlicher Ambitioniertheit jedoch am meisten mit Beziehungsthemen punkten. Vielleicht liegt das ja am Wohnort, denn eine gewisse Nähe zu den Stadt-Nachbarn Klee, die Herzens-Angelegenheiten von jeher am schönsten verpacken können, lässt sich durchaus erkennen.

Die quirlige Instrumental-Nummer „We Are Cyborg“ und das ebenfalls gesangslose „Abstract Maschine“ beweisen jedoch, dass ihre Musik auch ohne Lyrics funktioniert.

Während die letzten Verse von “Gute Nacht” verklingen, wünscht man Locas In Love, mit “Kalender” ein paar Etagen höher im hiesigen Musikhaus einziehen zu können.

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