Die sonst so überproduktiven Archive machen es zur Abwechslung mal nicht selbst. Und lassen sich bearbeiten. Auf “Unrestricted” remixen Electronica-Künstler “Restriction“, das letzte Album der Trip-Hop- und Postrock-Gruppe. Nur die Song-Reihenfolge ist identisch geblieben. Ansonsten wird das Material von Darius Keeler, Danny Griffiths und Co. endgültig ins Track-Format überführt.
Das hatte sich die Band aus London noch nicht wirklich getraut, auch wenn die Gesangparts der Band schon immer für elektronische Variationen in Form von Loops und Samples prädestiniert waren. Ebenso wenig wagten Archive es, die Gitarren ganz und gar obsolet werden zu lassen. Das geschieht nun aber auf “Unrestricted”. Becoming Real transformieren etwa das ursprünglich rockig angelegte “Ruination” in Techno mit Industrial-Flair; der Titeltrack erfährt von Mermaids eine Umarbeitung in Richtung echohaften Tech-Ambient.
Die wuchtig-kantigen Beats der Original-Version von “Kid Corner” sind in dem Edit von GAPS schüchternen Breakbeats gewichen, die Fast-Ballade “Third Quarter Storm” wurde von den Jazz-Elektronikern Skalpel dezent mit Perkussion und Synthies gepimpt. In ähnlichem Muster verfährt Isan Belone Belone mit dem Opener “Feel It”.
Wohin man auch hört: Niemals machen es sich die neuen Varianten in standardisiertem Indietronic-Format gemütlich. Wer zudem auf der Suche nach Newcomer-Produzenten in Sachen Dance-Pop und Electronica ist, dürfte hier fündig werden. Neben Becoming Real machen sich hier noch weitere unbekannte Namen einen guten. Und bereits renommierte Acts wie Ulrich Schnauss machen ihrem wieder alle Ehre. Sein Remix von “Black & Blue” wirkt mit seinen verträumten Collagen, die stilistisch zwischen Ambient und Shoegaze liegen, noch raffinierter als die Urform.
“Unrestricted” ist ein stimmiges Remix-Album, an dem sich noch folgende Projekte gerne ein Beispiel nehmen dürfen. Auf der anderen Seite beschleicht einen auch immer wieder das Gefühl, dass das nur wegen dem Original so gut klappen konnte. Ziemlich clever: So haben uns die englischen Musiker noch einmal ganz subtil ihr Studioalbum aus dem Januar in Erinnerung gerufen. Und das pünktlich zu den Jahresbestenlisten, die ja gerne mal den Anfang des Jahres vergessen. So ein Zufall.