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Archive – Restriction

Vor über 20 Jahren beschlossen Darius Keeler und Danny Griffith, den House-Klängen der Band Genaside II den Rücken zu kehren und sich neuen musikalischen Horizonten zu öffnen. Die unverhohlene Affinität zu der sich zu diesem Zeitpunkt auf dem Zenit befindenden Trip-Hop-Ära wurde mit Post-Rock und elektronischen Elementen verbunden, 1996 folgte mit dem Gesang von Roya Arab und Rosko John das Archive Debut „Londinium“.

Nach Unstimmigkeiten zwischen den beiden Vokalisten kam es zur temporären Trennung, bevor 1999 mit „Take My Head“ (diesmal mit Suzanne Wooder am Mikro) das zweite, durchgängig poppigere Album erschien. Auch dieses war nur eine Durchgangsstation auf der Suche nach dem eigenen Profil, erst 3 Jahre später mit „You All Look The Same To Me“ und Craig Walker von Power Of Dreams als Sänger (er verließ die Band bereits 2004 wieder) schafften sich die Londoner eine größere mediale Aufmerksamkeit und eroberten sich eine nennenswerte Fan-Base.

Von da an ging es Schlag auf Schlag. Der Sound des inzwischen zum Klangkollektiv angewachsenen Ensembles war mittlerweile weniger Trip-Hop dominiert, die Tendenz ging zum Verbinden von Progressive-Rock und experimenteller Elektronik in bis dahin noch nicht gehörter Qualität. Regelmäßig veröffentlichte die Band Platte auf Platte, alles potentielle Klassiker. Mit „With Us Until You`re Dead“ wurde im Jahr 2012 der ungekrönte Höhepunkt erreicht. Was allerdings im vergangenen Jahr mit „Axiom“ folgte, trieb den Anhängern dann den Angstschweiß auf die Stirn, waren die Aufnahmen zum gleichnamigen, 40-minütigen Kurzfilm, der mit dem spanischen Filmkollektiv NYSU entstand, doch mehr Kunst als Musik und klangen in der Summe wie eine zwischen Massive Attack und Dead Can Dance angesiedelte Operette.

Nun scheint die Stärke der Band, das kompromisslose Schaffen eines Soundtracks zum eigenen Parallel-Universum ohne Rücksicht auf Zeitgeist und Trends, auf der neuen Platte zur Falle geworden zu sein. Beliebig aneinander gereiht wirken die einzelnen Songs, die in sich nichts Überraschendes bergen. Alles klingt nach Stillstand, anders ausgedrückt nach Inzucht. Was mit dem Einsteiger „Feel It“ beginnt, entwickelt sich zum Programm: gehörte sonst jeder Bass-Schlag, jeder bombastische Streicher-Teppich, jeder Gitarren-Akkord genau an genau diese, dafür nicht vorgesehenen Stelle im Song, wirkt „Restriction“ schematisch und vorhersehbar.

Nervsägendes Elektro-Gewusel lassen phasenweise die schlimme Ahnung aufkommen, Archive stecken im gleichen Sound-Brei wie die Feuilleton-Band Animal Collektive fest. Denkt man bei„Black & Blue“ noch an die Bewerbung für den Titel-Song des nächsten James Bond Films, beschleicht den Hörer spätestens bei „End Of Our Days“quälende Langeweile. Welche bei der Candle-In-The-Wind Nummer „Third Quarter Storm“ dann garantiert ist, daran ändern auch die eingebauten Stereo-Spielereien nichts, derartige Hallo-Wach-Effekte wusste schon Joseph Haydn 1791 in der „Sinfonie mit dem Paukenschlag“ besser einzusetzen.

Aber es gibt sie, die besseren Stücke: „Ride In Squares“, „Crushes“, „Greater Goodbye“(wenn man vom Träller-Background absieht), „Ladders“ und das Titelstück bewahren den Glauben an das Gute in Archive.

Man kann nicht sagen, die Briten hätten jetzt übermäßig Credits verzockt, dafür sind die Album-Highlights zu gut und das Cover ist ja auch klasse. Es wäre aber nicht schlimm, würden bis zum nächsten Album mehr als zwölf Monate vergehen, wenn dafür wieder eine Lieblingsplatte herausspringen täte.

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