Konstantin Gropper und die Liebe. Auf seinem vierten Album „Love“ beschäftigt sich der Mannheimer Indie-Akademiker mit dem wohl meistbesungenen Thema der Musikgeschichte. Mit 33 Jahren und nach erfolgreicher Familiengründung scheint die Zeit dafür reif, wenn auch die Intuition für ein der Liebe gewidmetes Album früh beim Aufwachen eher abrupt vor seinen Auge erschien. Wenn der Mann mit der unfehlbaren Hand für Komposition und Arrangement sich damit befasst, dann kann davon ausgegangen werden, dass das Ergebnis über schlichte Liebeslieder hinaus geht.

Es entstanden elf Songs über die Liebe und deren verschiedene Facetten. Die breite Streuung der Formen von Zuneigung zeigte sich bereits im Video zu „It’s Love“, in dem der grandiose Udo Kier ein exquisites Diner zaubert – für die eingesperrte Frau im Keller, Fritzl und Kampusch lassen grüßen. Es gibt weitere „It’s“-Songs auf dem Album, diese stehen für die Geschichten, die Gropper selbst im Zusammenhang mit der Liebe erlebt hat.

Die anderen Tracks berichten von der Liebe, zwischen Fiktion und Wahrheit, erzählen von der Künstlerin, die Geld malt, um Liebende am Jüngsten Tag zu erlösen, von Heiratsschwindlern und tickenden biologischen Uhren. Und sie lassen auch den Zweifel zu, ob die Liebe grundsätzlich ein positives Ereignis ist, beschreibt Gropper darin seine nicht verklärte Sicht auf den komplexen Vorgang.

Wenn Get Well Soon musikalisch für die volle Breitseite aus Theatralik, bombastischen Orchestersätzen und raunenden Background-Chören steht, ist der Sound diesmal zum einen abgespeckt und zum anderen wird mit ihm Pop-Terrain betreten. Mit der Pop/Liebe-Kombination punkteten im letzten Jahr bereits Tocotronic, Gropper sah bis vor „Love“ Pop-Musik durchaus kritisch, zu einfach strukturiert erschien sie dem musikalischen Feingeist.

Ein Schlüsselerlebnis mit den Pet Shop Boys im Supermarkt ließ ihn umdenken. Nun sucht er sich bewusst Inspiration im Pop der 70er und 80er, der – neben seiner traditionellen Quelle Film – die Stücke von „Love“ maßgeblich beeinflusste. Manchmal subtil, manchmal direkt wie in „Young Count Fall For Nurse“ ist das heraus zu hören. Natürlich funktioniert das Pop-Vorhaben, wenn es aus der Feder vom Ausnahme-Musiker fließt.

Eingängig und heiter klingen „Eulogie“ oder „Marienbad“, verträumt und romantisch der Klammer-Blues „I’m Painting Money“, spartanisch instrumentiert „33“, pianogetragen „It’s An Airlift“. Die Musik bewahrt bei allen transportierten Gefühlen immer Distanz, wirkt wie unter Schutzatmosphäre eingespielt und bei aller eingebauter Reduziertheit bleibt noch genügend Platz für Tiefe, Opulenz und Pathos.

Ob „It’s A Mess“, „It’s A Catalogue“ oder „It’s A Tender Maze“, was die Liebe letztlich ist, bleibt interpretierbar. Einig sind sich die Stück darin, dass selbst dem schwelgerischsten Moment der Wermutstropfen innewohnt. Denn trotz aller Fröhlichkeit schwingt eine ordentliche Kelle Melancholie mit, großzügig ausgeschenkt im abschließenden „It’s A Fog“, welches nach sieben Minuten in ein großartiges Finale mündet.

Blixa Bargeld philosophierte dereinst, wenn man den Menschen immer wieder destillieren würde, bliebe am Ende die Liebe übrig. Manchmal schwer zu glauben, aber „Love“ wärmt in diesen gesellschaftlich kühlen Zeiten von innen.

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