MusikBlog - Entdecke neue Musik

Isolation Berlin – Und aus den Wolken tropft die Zeit

„Die erste Platte machen is’ wie ‘n extra dickes Ei legen“ sangen schon Seeed. Isolation Berlin können bereits auf zwei EP`s in ihrer Diskographie zurück blicken, trotzdem ist ihr erster Longplayer das fast schon erwartete Straußen-Ei geworden.

„Coolnessmäßig platzt die Stadt aus allen Nähten“ hieß es bei den Dancehall Legenden Seeed in einem anderen Track und genau das scheint für die vier von Isolation Berlin eine der negativsten Seiten der Spree-Metropole zu sein. Denn auch in der hipsten Stadt Deutschlands fühlt sich die Band oft genug auch einfach nur beschissen und das packen sie in die Stücke auf „Und aus den Wolken tropft die Zeit“.

Nach den ersten Auftritten in kleineren Clubs noch in die Ton Steine Scherben-Gedächtnisecke gestellt, wandelte sich dieses Bild von der Band mit ihren ersten Veröffentlichungen. Jung, innovativ und ambitioniert wurden sie folgerichtig auf diversen Empfehlungslisten für 2016 geführt. Für ihr Album haben die Jungs die bereits erschienenen Songs nicht gebündelt und mit Bonus-Füllern aufgehübscht, dafür gibt es mit “Berliner Schule/Protopop” ein eigenes Format, sie haben zwölf neue Stücke aufgenommen und traditionell auch selbst produziert.

Zentrale Säule der Stücke war und ist die Stimme von Tobias Bamborschke. Sie gibt den Stücken eine charakteristische Stimmung. Tobias leidet und wütet, er ist höhnisch und verletzlich, er resigniert und hofft, neigt zu Schreiattacken und fängt Verzweiflung in großen Sprungtüchern auf. Seine Lyrics überzeugen, egal ob die Einsamkeit in der Menge, die gescheiterte Liebe oder Depressionen im Mittelpunkt stehen – Bamborschke weiß, wovon er singt und das macht ihn so authentisch. Nicht umsonst generiert sich der Name der Band aus autobiografischen Momenten seines Lebens.

Musikalisch geht es drunter und drüber, alles erfüllt das Ziel, den Sänger gekonnt in Szene zu setzten. Vom Frontalangriff auf die Gitarrenverstärker bis zum Pop-Element – zusammengesetzt ergibt es ein spannendes „Produkt“, wie auch der Opener mit seiner Marsch-Trommelei heißt. Ungestüme Noise Attacken begleiten „Ich Küss Dich“, die gern und oft eingesetzte Orgel treibt im krassen Gegensatz zum Text fröhlich „Aufstehn, Losfahrn“ vor sich her.

„Schlachtensee“ lässt tatsächlich ein wenig den „Junimond“ von Rio Reiser leuchten. „Verschließe Dein Herz“ klingt dann so funky, als stamme es von der „In Echt“ Platte von Die Sterne, das sich aufbäumende „Ich wünschte, ich könnte..“ glänzt mit einem Sonic Youth Finale, während sich die bittersüße Traurigkeit von „In Manchen Nächten“ melancholisch in die Dunkelheit ergießt.

Wenn Bamborschke am Ende aus dem Schützengraben seiner Seele „Herz Aus Stein“ schmettert, steht fest: Isolation Berlin haben alles richtig gemacht, das Prädikat wertvoll verdient und werden die Indie-Szene gehörig aufmischen. Und das gilt nicht nur für die Hauptstadt, Isolation ist auch ein Thema in Hamburg, München oder Köln.

Facebook
Twitter

Schreibe einen Kommentar

Das könnte dir auch gefallen

Login

Erlaube Benachrichtigungen OK Nein, danke