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Natürlich geht es auch um Frauen – Killerpilze im Interview

Die Killerpilze gehören zu den wenigen ehemaligen Teenie-Bands, die sich dem drohenden Verfall in der BRAVO-Restemülltonne entziehen konnten. Sicher, die Band hat jahrelang auf die Mütze bekommen. Aber sie haben sich nicht weich kloppen lassen. Die Killerpilze sind immer noch da. Dieser Tage veröffentlichen die drei Verantwortlichen Jo Halbig, Fabian Halbig und Mäx Schlichter ihr mittlerweile achtes Studioalbum namens “High“. Finanziert via Crowdfunding und befeuert von Erinnerungen an große Indie-Pop-Glanzzeiten präsentiert sich das Werk wie der musikgewordene Mittelfinger einer Band, die endlich ernst genommen werden will. Wir trafen Sänger Jo und Drummer Fabian in Berlin zum Interview und plauderten über musikalische Abzweigungen, nackte Tatsachen und die stetige Konfrontation mit der Realität.

MusikBlog: Ihr müsst mir erstmal kurz auf die Sprünge helfen. Angefangen habt ihr mit luftigem Pop-Punk. Vor vier Jahren lag dann euer Album “Ein Bisschen Zeitgeist” bei mir auf dem Tisch. Darauf zu hören: eine Melange aus Metal und Elektro. Euer neues Album “High” schielt nun in Richtung Indie-Pop. Was ist da los bei euch?

Jo Halbig: (lacht) Wir sind einfach eine Band, die sich schnell langweilt. Mehr gibt es dazu eigentlich gar nicht zu sagen. Und Pop-Punk? Wir selbst haben uns nie als Punkband definiert. Den Stempel haben uns die Medien auf die Stirn gedrückt. Wir haben uns immer mehr als Rock-Band gesehen. Ich finde auch, dass das neue Album viele Rock-Verweise am Start hat. Es gibt aber auch Blues zu entdecken. Ich würde es als ein eklektisches Pop-Album mit Rock- und Blues-Zusätzen bezeichnen.

MusikBlog: Musikalisch braucht sich das Album vor ähnlich klingenden Großproduktionen nicht zu verstecken. Dafür schon einmal vorab: Chapeau!

Jo Halbig: Danke für das Kompliment. Wir wollen natürlich auch oben mitspielen. Das ist unser Anspruch. Und ich denke, dass wir dem auch mit unserem neuen Album gerecht werden.

Fabian Halbig: Für mich ist es einfach das erste Album, bei dem vom ersten bis zum letzten Song alles passt. Es gibt einen dicken roten Faden. Jeder Song funktioniert aber auch für sich allein. Jeder Song erzählt eine eigene Geschichte. Man merkt einfach, dass wir zwei Jahre intensiv an der Produktion gearbeitet haben.

MusikBlog: Und das, obwohl die Struktur des Ganzen lange Zeit auf wackeligen Beinen stand. Stichwort: Crowdfunding.

Jo Halbig: Die ersten Ideen dahingehend lagen vor knapp drei Jahren auf dem Tisch. Wir haben uns halt alle in die Augen geguckt und gesagt: Lasst es und einfach versuchen. Es ist doch so: Wenn man wirklich davon überzeugt ist, seine ganze Kraft und Energie reinsteckt und wirklich jeden, der auch nur ansatzweise etwas mit der Band anfangen kann, mobilisiert, dann klappt so ein Projekt auch. Wir haben mit 55.000 Euro geplant. Das Geld sollte in 75 Tagen zusammengetrommelt werden. Letztlich kamen 75.000 Euro zusammen. Es geht einfach um die Leidenschaft, die man bereit ist zu investieren.

MusikBlog: The more you put in, the more you get out?

Jo Halbig: Genau. Und wir haben wirklich alles in dieses Projekt gesteckt. Und es hat sich ausgezahlt. Darauf sind wir auch ziemlich stolz.

MusikBlog: Die Freude scheint wirklich groß zu sein. Da kann man sich schon mal unbeschwert die Klamotten von den Leibern reißen und ganz hippiesk mit jungen Damen am Lagerfeuer kuscheln.

Jo Halbig: (lacht) Ach, das Cover…

Fabian Halbig: Das sollte man alles nicht überbewerten. Die Foto-Session war eigentlich gar nicht drauf angelegt, dass wir am Ende des Tages nackt durch die Büsche springen. Es hat sich einfach so ergeben. Da war halt dieser Hippie-Hof. Dann haben wir alle gemütlich was getrunken, was geraucht, und irgendwann fühlte es sich irgendwie total natürlich und wohlig an. Jetzt wissen wir auch endlich, wie wir von hinten aussehen. Und die Mädels: Das sind Freundinnen aus unserem engeren Bekanntenkreis. Die haben dann einfach mitgemacht. Ganz ungezwungen und locker.

MusikBlog: Apropos Frauen: textlich könnte man meinen, das Album drehe sich ausschließlich nur um Girls und Sex. Dem ist aber natürlich nicht so, oder?

Jo Halbig: Nein, natürlich nicht. Natürlich geht es auch um Frauen. Frauen spielen in unserem Leben eine große Rolle. Da stehen wir auch total hinter. Wer sich allerdings ein bisschen Zeit nimmt, und dabei versucht, zwischen den Zeilen zu lesen, der wird schnell erkennen, dass so mancher Song auf dem Album von ganz anderen Dingen erzählt. Der Song “Trip” beispielsweise: Da hat man sofort einen Junggesellenabschied in Amsterdam vor Augen. Eigentlich geht es aber um die Tod-Thematik. Der funktioniert für mich in einer Metaebene ganz anders.

Ein weiterer Song: “Immer Noch Jung”. Auch hier geht es tiefer. Der Song handelt von Risikobereitschaft und dem Drang, die Dinge einfach anzupacken, anstatt daheim auf der Couch in die Röhre zu gucken. Man muss sich, wie gesagt, einfach nur ein bisschen Zeit für die Inhalte nehmen. Dann merkt man schnell, dass es nicht ausschließlich nur um Frauen und Sex geht.

MusikBlog: Jetzt musstet ihr euch wieder einmal erklären. Das verfolgt euch ja schon seit Jahren. Euer Bandname, der Teenie-Stempel, die musikalischen Abzweigungen: nervt das mediale Gepiekse und Gestochere nicht total?

Fabian Halbig: Es gab Phasen, in denen es echt nicht einfach war. Wie du schon sagst: Uns wurden immer die gleichen Fragen gestellt. Warum nennt ihr euch nicht endlich um? Warum klingt ihr auf jedem Album anders? Warum habt ihr damals fast ausschließlich in der BRAVO stattgefunden? So ein permanentes Draufkloppen kann eine Band schon zermürben. Uns hat es letztlich aber nur stärker gemacht.

MusikBlog: Augen zu und durch?

Jo Halbig: Nein. Wir haben uns auf die Konfrontation eingelassen. Wir sind nicht einfach weggerannt. Wir sind stehengeblieben, haben den Leuten zugehört und versucht, ihnen die Dinge zu erklären. Das machen wir auch heute noch. Das fällt uns auch gar nicht schwer, denn wir stehen hinter allem, was die Band anbelangt. Den Bandnamen finden wir auch heute noch cool.

Und unsere Teenie-Vergangenheit? Mein Gott, wir waren halt echt jung. Wir hatten einfach nur Bock auf Musik. Wo ist das Problem? Und mit 16 oder 17 schreibt man nun mal andere Texte als mit Mitte 20. Es gibt nichts, das wir bereuen. Wir sind unseren Weg gegangen und haben uns über all die Jahre eine treue Anhängerschaft erspielt, die uns auch heute noch treu zur Seite steht. Wir haben wirklich bewiesen, dass wir uns nicht weichkochen lassen. Mittlerweile ist es uns echt schnuppe, was der eine oder andere von uns denkt. Wir sind hier. Und wir bleiben auch. Punkt. Aus. Schluss.

MusikBlog: Mit breiter Brust in die Zukunft.

Jo Halbig: Auf jeden Fall. Wir sind bereit.

MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.

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