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Ben Watt – Fever Dream – Audiophile Aufrichtigkeit

Die einzige Beständigkeit liegt im Wandel, sagt man. Das gilt wohl auch für die meisten Liebesbeziehungen. Der langjährige BBC Radiomoderator, Musikproduzent und Everything But The Girl Mitglied Ben Watt hält auf „Fever Dream“ die Veränderungen fest, die die Liebe zwischen zwei Menschen im Laufe der Zeit nimmt.

“Can I prove we exist?/ Where are the hours we missed?/ This summer night is clear/ I still want you near”. Zur Zeit scheint Watt ein ambivalentes Verhältnis zu haben. 33 Jahre ließ er verstreichen, ehe er seinem Debüt „North Marine Dream“ ein zweites Album folgen ließ. Völlig zurecht erhielt „Hendra“ 2014 den Independent Music Award in der Kategorie „Difficult Second Album“.

Es ist also eine mittelgroße Überraschung, dass uns der Brite nur zwei Jahre später eine dritte Platte vor die Füße legt. Ein Wimpernschlag quasi, im Kontext seiner Diskografie, die entscheidend von der Kombo Everything But The Girl geprägt ist. Als Hälfte des Duos feierte Watt in den 90ern Achtungserfolge. Doch selbst die bekanntesten Elektropopstücke der Band, allen voran „Missing“, erreichten nie die Intensität, die sein folkiges Solounternehmen auszeichnet.

So klingt auch „Fever Dream“ ein bisschen nach Kurt Vile, ein bisschen nach Jeff Buckley und Ben Harper, nur rudimentärer, geruhsamer und mit einer vielleicht altersbedingten Jazz-Vorliebe ausstaffiert, die wiederum den stilvollen Unterschied macht. Manch allzu schmachtendes Stück bekommt dadurch eine strengere Note, die verhindern wird, dass wir uns diese Musik jemals mit den Radio-Nazis teilen müssen, die „ich hör eigentlich alles“ schreien.

Es ist ein Album für Aussteiger, Alltagsverweigerer, Müßiggänger, ästhetisch und audiophil produziert. Dazu beigetragen hat erneut Ex-Suede-Mitglied Bernard Butler, der sich für den herrlich oldschoolen, leicht angerauten Blues-Gitarrensound verantwortlich zeichnet.

Im Titelsong wirkt M.C. Taylor von Hiss Golden Messer mit. Den sinnlichen Höhepunkt aber markiert die Kooperation mit Dream-Folk-Sängerin Marissa Nadler. Im gleichermaßen grandiosen wie niederschmetternden Schlusssong „New Year Of Grace“ halten sie beide gemeinsam fest: „All my love it’s easy to forget“. Ein Stück Musik, das Herzstechen verursacht, je später die Stunde, desto unwiderstehlicher bohrt die Melancholie.

Bei allem Pathos, fühlt sich „Fever Dream“  aber jeder Zeit authentisch an. Und selbst solch unorginäre Zeilen wie „You are the one that I want“ von „Women’s Company“ klingen aus dem Mund von Watt natürlich und aufrichtig. Da ist eine fokussierte Intensität in Sound und Stimme, die man einfach nicht der Lüge bezichtigt.

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