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Christiane Rösinger – Lieder Ohne Leiden

Manchmal braucht es Zeit, einen Garten und tatsächlich etwas „Lob der stumpfen Arbeit“, um nicht vom schwarzen Loch namens Kreativ- und Selbstverwirklichungszwang eingesogen zu werden.

Wenn Bücher veröffentlichen und Hörbücher aufnehmen als stumpfe Tätigkeiten zählen, hat Christiane Rösinger in den letzten sechs Jahren alles richtig gemacht, um jetzt voller „Lieder Ohne Leiden“ zurückzukehren. Ihre Gabe, sich herkömmlichen Verhaltensmustern zu entziehen, hat sie dabei weiter perfektioniert.

Natürlich sind die aktuellen Lieder so wenig ohne Leiden wie eine „Liebe Ohne Leiden“, die Udo Jürgens einst Tochter Jenny wünschte, ein Ideal bleibt. Es gibt mit „Schal“ die Geschichte vom Scheitern des guten Willens, den Kehraus für die Babyboomer-Generation in „Was jetzt kommt“ und mit „Eigentumswohnung“ einen Abgesang auf den schon längst zu Tode gentrifizierten Kiez.

Dabei lautet das Motto “Joy Of Ageing”, denn bei der Mehrzahl der Begleiter des künstlerischen Lebenswerkes der Protagonistin sind die Blätter des Lebensbaum inzwischen hart geworden und an den Rändern leicht eingerollt. Dafür können sie inzwischen selbst ein „Kleines Lied“ aus dem Randgebiet der eigenen Erfahrungen verfassen.

Wie auf dem Solo-Debut „Songs Of L. And Hate“ kommt es auch heuer zur fruchtbaren Zusammenarbeit mit Ja, Panik Sänger Andreas Spechtl. Der kreative Ausnahme-Geist spielte das Album nicht nur ein und gehört zum Live-Ensemble, sondern ist gleichsam Produzent der neuen Songs.

Die klingen nach dem, womit Rösingers lakonisch-melancholischen Geschichten schon immer unterlegt waren: eingängiger Charme des Pops der 60er trifft auf twangende Gitarren, ein wenig Beach Boys, ein wenig Heimathafenatmoshäre. Insgesamt haben die Aufnahmen ein Stück mehr Volumen als die des Vorgängers, ohne dabei zu gefällig zu wirken.

Kurz vor Schluss haut Christiane Rösinger einen Lebenshelfer raus, wie es ihn seit „Das Kissen“ von der „Stadt, Land, Verbrechen“ Scheibe nicht mehr gegeben hat. Unter Zuhilfenahme Heinrich von Kleists Rundbogen-Beobachtungen zu Würzburg formt Christiane Rösinger „Das Gewölbte Tor“, ein Stück wie ein Trostpflaster, das nicht nur Fans der neuen Platte Mutmacher in tristen Zeiten sein wird.

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