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Amerika hat uns Angst gemacht – Milky Chance im Interview

Wenn es um deutsche Künstler geht, die es auch im Ausland geschafft haben, hört man meist Namen wie die Scorpions, Fury In The Slaughterhouse, Rammstein oder Kraftwerk. Die Herren Clemens Rehbein und Philipp Dausch aus Kassel hingegen hat kaum einer auf dem Zettel, wenn es um erfolgreiche Hit-Exporte aus hiesigen Gefilden geht. Dabei sind die beiden Hessen vor allem in den Staaten eine ganz dicke Nummer. Das Milky Chance-Debütalbum “Sadnecessary” ging im Mai 2013 so richtig steil.

Mit der Single “Stolen Dance” legten Clemens und Philipp sogar noch eine Schippe drauf. Unter anderem wurde der Song bis heute über 300 Millionen Mal bei YouTube angeklickt, platzierte sich in den Charts beinahe sämtlicher Pop-Länder, verkaufte sich alleine in den USA zwei Millionen Mal, insgesamt wurden sogar beinahe vier Millionen Singles abgesetzt. Nun legen Milky Chance mit ihrem zweiten Album “Blossom” endlich nach. Wir sprachen mit Sänger Clemens Rehbein über das neue Album, Amerika und Rick Rubin.

MusikBlog: Clemens, ihr seid gerade in Madrid unterwegs, richtig? Geht’s da ausschließlich um das neue Album? Oder rührt ihr bereits die Werbetrommel für anstehende Live-Shows?

Clemens Rehbein: Es geht nur ums Album.

MusikBlog: “Blossom” heißt das gute Stück; ein Album, das im Vergleich zum Vorgänger wesentlich kompakter klingt. War das so geplant?

Clemens Rehbein: Wir haben den Elektro-Anteil diesmal bewusst ein bisschen runtergefahren. Ich denke, dass man eher einen Eindruck davon bekommt, wo wir musikalisch eigentlich herkommen. Wir haben ja keinen DJ-Background. Wir haben früher in ganz normalen Bands gespielt. Da ging es um Blues und Jazz. Dieses Organische wollten wir unbedingt mit reinbekommen. Und ich glaube, dass wir das ganz gut hinbekommen haben. Ich meine, live spielen wir ja auch mit einer Band zusammen. Das wär dann schon komisch, wenn es auf Platte plötzlich total anders klingt.

MusikBlog: Habt ihr eigentlich auch schon mal darüber nachgedacht, die Band mit in den Songwritingprozess einzubinden?

Clemens Rehbein: Nicht wirklich. In der jetzigen Konstellation funktioniert es wunderbar. Philipp und ich tüfteln die Sounds aus. Und gemeinsam mit der Band überlegen wir uns dann die Umsetzung für die Bühne. Das klappt super.

MusikBlog: Aufgenommen und produziert habt ihr in Philipps Wohnung und in einem Studio in Rothenburg an der Fulda. Ihr hättet das Album aber auch in Amerika aufnehmen können. Warum habt ihr euch für die vertraute Heimat entschieden?

Clemens Rehbein: Das war eine ganz bewusste Entscheidung. Amerika hat uns irgendwie Angst gemacht. Da ist alles so groß und mächtig. Wir gehen die Sachen immer eher entspannter an. Das ist mehr so unser Ding. In der Ruhe liegt die Kraft.

MusikBlog: Mir kam zu Ohren, ihr hättet auch mit Rick Rubin aufnehmen können. Ist das wahr?

Clemens Rehbein: Keine Ahnung. Das wurde damals alles ein bisschen hochgespielt. Fakt ist: Wir haben ihn irgendwann mal daheim besucht. Das war auch total cool. Und er fand auch unsere Musik gut. Aber eigentlich haben wir nur zusammen gechillt und ein bisschen gequatscht. Da wurde später dann mehr draus gemacht. Er hat uns jedenfalls nicht gefragt, ob wir Lust hätten mit ihm was zu machen.

MusikBlog: Was wäre denn passiert, wenn er gefragt hätte?

Clemens Rehbein: Ich weiß nicht. Wie gesagt, Amerika war total irre, keine Frage. Auch Rick Rubin war der Hammer. Aber wir sind noch nicht so weit. Eigentlich waren wir heilfroh, als wir nach drei Monaten Amerika wieder im behüteten Kassel ankamen. Versteh mich nicht falsch. Das war alles total aufregend, lehrreich und super. Aber uns ist wichtig, dass das Tempo stimmt.

MusikBlog: Gebt ihr allein das Tempo vor?

Clemens Rehbein: Naja, mittlerweile hat sich bei uns viel verändert. Ich bin beispielsweise Vater geworden. Da gucken jetzt auch andere Menschen auf die Uhr. (lacht)

MusikBlog: Fühlt ihr euch manchmal ein bisschen zerrissen zwischen den Verlockungen der großen, weiten Pop-Welt und dem wohlbehüteten Dasein in Kassel?

Clemens Rehbein: Es ist nicht immer einfach. Ich meine, ich will all die Erinnerungen gegen nichts auf der Welt eintauschen. Wir waren bei Jimmy Kimmel, haben auf dem Coachella gespielt und saßen bei Rick Rubin im Garten. Das sind schon Erlebnisse, die man nicht so schnell vergisst. Aber auf der anderen Seite fragt man sich auch manchmal, ob das nicht alles irgendwann auch zuviel wird. Wir wollen ja bleiben, wer wir sind. Wir wollen keine Stars werden. Wir wollen einfach nur Musik machen. Und wenn dann aber plötzlich die halbe Welt dabei sein will, wird’s halt für gemütliche Jungs wie uns etwas schwierig. Aber ich denke, dass wir da einen guten Mittelweg finden werden.

MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.

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