Sechstes Album mit 27 Jahren. Die beeindruckend souverän ihren Folk-Weg gehende Britin Laura Marling hat schon derart viel musikalisch gesagt, dass sie anfängt, ungewöhnlichere Ansätze zu verfolgen.

Psychoanalytisch geschwängert dreht sich „Semper Femina“ leicht hochtrabend allein um Weiblichkeit. Vergil, vor zwei Jahrtausenden, war es, der im Versmaß konstatierte: „Varium et mutabile semper femina“. Das Weib, ein stets launenhaftes und wandelbares Wesen.

Nun prangen die letzten beiden Worte dieses historischen Verses Marlings Wade und gleichzeitig ist es der Titel ihres neuen Albums geworden. Beziehungsformen zwischen Frauen und allgemein Weiblichkeit in der heutigen Welt sind das Thema der Auseinandersetzung.

Das klingt ein My zu proseminarisch für Pop, doch keine Angst. Den psychoanalytischen Überbau von „Semper Femina“ kann man genauso gut vergessen, wie man sich detailgetreu auf ihn zu stürzen vermag.

Denn Laura Marling ist nicht umsonst eine der eigenständigsten Singer/Songwriter-Stimmen im Folk. Ihre Kraft liegt in nicht in der Performance, der Pose oder im Slogan, ihre Potenz steckt in der Melodie. Beständig findet die Marling im normal erscheinenden Folk-Moment Tiefgang, erhebt sie die üblich gewordenen Gitarren-Akkorde und Streicher-Andächtgkeiten in authentische Gefühlsvermittlung.

Hier, auf „Semper Femina“, ist sie so butterweich und zart wie vielleicht noch nie. Selbst E-Gitarren-Gebrauch kann den Eindruck nicht roher gestalten. Insofern ist das Theoriethema musikalisch konsequent umgewandelt worden.

Dadurch fehlen aber auch die emotionalen Spitzen, die Ausbrüche ins Tieftraurige, wie die melodiösen Höhenflüge des Glücks. „Semper Femina“, und das will dann doch nicht ganz zum Thema passen, ist in seiner Wirkungsweise zwar berührend warmherzig und feinfühlig – Streicher tupfen hier nur, Ukulelen schleichen durch musikalische Bild und Gitarren zupfen meist unmerklich – aber dadurch auch zu monoton.

Nach den aufregenden Jahren in Los Angeles, ist jetzt also die Phase der Besinnlichkeit ausgerufen. Mit „Semper Femina“ hat die meditative Andacht, sich zu Hause vor der Welt zu verstecken, einen neuen Folk-Soundtrack bekommen.

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