Ty Segall ist in seiner Ween-Phase. Allen, denen dieser Verweis noch etwas sagt, wissen was da Glorreiches mit „Freedom’s Goblin“ auf sie zu kommt. Der total-alberne Rock-Wahnsinn.

Das mag vielen Puristen des ernstzunehmenden Rock-Pathos nicht gefallen. Aber denen kickt Ty Segall ohnehin seit seinem ersten, inzwischen unzählbar gewordenen Outputs beständig in den Arsch.

Sein wohltuendes Markenzeichen, sich selbst nicht allzu ernst zu nehmen, wird bei „Freedom’s Goblin“ auf die Spitze getrieben. Es ist eine richtige Werkschau geworden; der Noise, die Folk-Akustikgitarre, der Punk, der Grunge, der Blues, sie alle geben sich die Rock-Klinke auf diesem 19-Stücke starken Album in die Hand.

Und diese Vielfalt, diese Revue macht mit zunehmender Dauer berauscht. Da bläst sich ein kitschiges Eighties-Saxophon die Soli-Seele aus dem Leib, katapultiert ein aggressives Punk-Rock-Riff einführende Akustikstrophen hinfort, gniedeln sich tausendundeine Gitarre einen Garage-Rock-Ast ab.

Genau hier zeigt Ty große Schnittmengen mit den Göttern des ironischen Gitarren-Solos, den falschen Brüdern Dean und Gene Ween. Überall berserkt sich eine Gitarre um Kopf und Kragen, ballern Solis Rock-Orgasmen in den Soundhimmel.

Selbstverständlich ist das albern und völlig übertrieben! Aber genau wie zu Weens besten Zeiten wohnt dieser ironischen Haltung zum orgiastischen Rock-Moment ein seltsam versöhnlicher Sinn inne, der nichts, aber auch gar nichts mit der oberflächlichen Ironie-Haltung des klare Identitätskanten scheuenden Hipstertums zu tun hat.

Rock ist prätentiös, Rock ist nicht nützlich und vor allem ist es ein beständiger Irrglaube, Rock könne die Welt verändern. Insofern ist des Rocks wichtigster Moment, sein Höhepunkt in Form eines Solos, eine zu gleichen Teilen abzulehnende und doch zu bejahende Errungenschaft.

Der sinnlosen Tätigkeit des Rock gibt der sinnlose Akt des Gitarren-Solos einen seltsam befreienden Sinn. Sofern man sich der Sinnlosigkeit dieses Akts bewusst ist. Doch genug Philosophie.

Mit einem schelmischen Dauergrinsen versehen, erzählt uns Ty Segall beherzt von seinem Hund (wichtigste und am häufigsten wiederholte Zeile: „Fanny knows what her name is“), seinen Verdauungsproblemen und der Überlegenheit der Frauen („my lady’s on fire/She knows you’re a liar“).

Und covert nebenbei noch Gassenhauer der 80er, als noch niemand moralische Urteile über Songtexte fällte (Hot Chocolates „Every 1’s A Winner“ würde heute mehr als einen kurzweiligen Gender-Hashtag-Shitstorm auslösen, aber hey, noch in den Neunzigern ist Inner Circle’s „Sweat (A La La La La Long)“ skandalfrei davongekommen).

Und da soll es albern sein, sich anzuhören, wie dufte Ty Segalls Hündin auf ihren Namen hört? Nicht Segall ist hier der Verrückte, die Welt ist es. Mal wieder danke, Ty!

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