Wer sich das Debütalbum von MusikBlog Newcomer Buntspecht aus Wien das erste Mal anhört, wird sich mit Sicherheit selbst dabei ertappen, wie er versucht, einen Namen für das Genre zu finden, in dem sich die sechs Österreicher auf „großteils Kleinigkeiten“ geschickt durch Geschichten winden und vom Leben erzählen.
Dieses Gemisch zu beschreiben, ein Hybrid aus absurden Klängen, doch irgendwie eingängigen Melodien und humorvollen Texten, überlässt man lieber Buntspecht selbst. Die führen nämlich in ihrer Bandbeschreibung einige interessante Genres auf, die man, alle kombiniert, dann auch auf dem Album wiederfindet.
Eines davon ist der schüchterne Punk, den man auf „Zirkus“, dem ersten Track des Albums, hört. Besonders ab der zweiten Minute schwingt dem Gesang eine schüchterne Wut mit, die gegen den Dompteur gerichtet auch irgendwie einen Aufstand gegen die Autorität darstellt. Dazu ein treibender Rhythmus und ein paar Streicher und fertig ist der ironiefreie schüchterne Punk.
Ironie können Buntspecht aber auch. Auf „Brennnesseln“, zu dem die sechs auch ein stimmungsvolles Video gedreht haben, begrüßt ein angenehmes Tempo den Zuhörer. Im Stile von Max Prosa und Faber besingt die markante und androgyne Stimme von Lukas Kleine die Liebe zur Gitarre, die zu einer Frau und die Intensität dieser, anhand an die Brust gedrückter Brennnesseln.
Romantisch, oder? So romantisch wie „Briefbomben“, die, an einsame Narzissten gesendet, Herzen zerreißen sollen. Im Folk und Gypsy-Swing schaffen Buntspecht es, überzeichnete Liebesbekenntnisse zum Leben zu erwecken, als hätte sie doch ein Realist gezeichnet. Nur mit etwas zu viel Farbe eben.
Man sollte jetzt nicht denken, Buntspecht könnten nur Romantik. „Das Lokal“ des Abgrunds nutzt gekonnt die kaum verortbare Stimmfarbe von Lukas Kleine, um eine tragische, seufzende und schwere Atmosphäre aufzubauen, die sich in den Strophen wieder in überraschend sorglosem Zupfen auflöst.
Dabei hat man wie auch bei „Der Rote Pfau“ manchmal das Gefühl, ein Kinderlied zu hören, ehe man die zweideutigen und pointierten Zeilen zu verstehen beginnt und anfängt aufmerksam zu lauschen.
„Ich Warteschlange“ ist so auch nicht die auflösende Lebensgeschichte einer Schlange an der Kasse des örtlichen Supermarkts, sondern einfach nur Wortspiel mit dem eigenen österreichischen Dialekt. „Ich warte schon lange“, heißt es im Refrain, den man schnell mitsingen mag und trotzdem nicht direkt versteht. Ein bisschen wie das Warten auf Godot.
Buntspecht machen mit ihrem ersten Album „großteils Kleinigkeiten“ bestimmt nicht Musik, die für jeden etwas ist, oder die jedem gefallen wird. Eine markante Stimme und eigenwillige musikalische Gestaltung sind da nur zwei Faktoren, die auf den ersten Blick abschrecken könnten.
Es kann anstrengend sein, zu versuchen, die Texte zu verstehen oder sich zu der Musik zu bewegen. Aber wer bereit ist, ein wenig Zeit zur Gewöhnung freizuräumen, der wird in Buntspecht eine Band finden, die fernab angeblicher Deutschpoeten wirklich schöne und relevante Geschichten erzählt. Ungewohnt, aber gut.