Dieses verflixte zweite Album hat sicher schon so einige Bands um den Verstand gebracht. Auch Gengahr lassen sich nach „A Dream Outside“ fast drei Jahre Zeit mit einem Nachfolger. Aber das Warten hat sich gelohnt.

Die Briten machen auf „Where Wildness Grows“ alles richtig und liefern den Beweis dafür, dass man seinen Sound erweitern kann, ohne dabei den Boden unter den Füßen zu verlieren.

Es geht mehr zur Sache auf dem zweiten Album der Briten, auch wenn der Opener „Before Sunrise“ einen darüber mit flirrendem Intro erst mal lieblich hinweg täuscht. Felix Bushes Kopfstimme lässt dazu thematisch passend die Sonne aufgehen.

Sowieso hat der Frontmann in Sachen stimmlicher Perfektion abseits des Brustregisters dazugelernt und darf sich jetzt ohne mit der Wimper zu zucken auf eine Stufe mit beispielsweise Bon Iver stellen.

Die erste Hälfte des Albums treibt fröhlich vor sich hin und erinnert nochmal daran, warum man Gengahr vor drei Jahren auch schon so gut fand: Dornige Texte verpackt in zuckersüße Melodien, die wärmer sind als der Frühling aber doch nicht ganz so heiß wie der Sommer.

Der Titelsong der aktuellen Platte ist da keine Ausnahme und doch ein besonders gutes Beispiel dafür, was „Where Wildness Grows“ auszeichnet. Unschuldiges Fingerpicking verwandelt sich innerhalb von ein paar Minuten zu einer bittersüßen Nummer, die irgendwie melancholisch und bedrohlich zugleich ist und trotzdem Platz für Oh-oh-oh-Chöre hat. Nach knapp fünf Minuten wird das musikalische Drama mit ordentlich Verzerrern von Bushes Kopfstimme in den Schlaf gesungen.

„Burning Air“ hält nicht viel von Geplänkel und fällt gleich mit der Tür ins Haus. Der Wechsel zwischen krachigen Gitarren und ruhigen Momenten in Kombination mit dem Gesang erinnert an Death Cab For Cutie zu Zeiten von „Transatlanticism“.

Und gerade, wenn man denkt, dass die Spannungskurve langsam abflacht, liefern Gengahr mit „Whole Again“ ihre Kür ab und vereinen in einem Song nochmal all ihr Können. Gitarren, die ihren Britpop-Landsmännern alle Ehre machen.

Dann aber doch wieder ein Vorhalt, der eine andere Kurve einschlägt. Diesmal hat Gitarrist John Victor seinen großen Auftritt und lässt Bushe die letzten zwei Minuten nicht mehr zu Wort kommen. Ein letzter Song wie aus dem Bilderbuch.

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