Ein neuer Eintrag im Werkverzeichnis des Konstantin Gropper. Zuletzt widmete er sich mit der Liebe dem wohl ergiebigsten Terrain aller Musikschaffenden. Obwohl diese bekanntlich nicht in jedem Fall frei von Grusel ist, beschäftigt sich „The Horror“ mit einer begriffs-affineren Sachlage.
Wenn die Nightmare-Trilogie, mit Ton und Text gefüllte Erinnerungen an seine Alpträume, es auch nahelegt: Schlechter Schlaf war nicht das Einzige, was den Pop-Akademie-Absolventen in Sachen Inspiration umtrieb. Der Zusammenbruch des fundamentalen Sicherheitsgefüges der Welt, latente Ängste und die nicht enden wollende Zerstörung des Planeten durch kriegerische Konflikte – genug für weit mehr als die vorliegenden 12 Tracks.
„Alles nur künftige Ruinen, Material für die nächste Schicht“ dichteten einst Einstürzende Neubauten. Wie ein roter Faden zieht sich dieser Gedanke auch durch „The Horror“, auf die Trümmer der Gegenwart werden die morgigen geschichtet.
„Future Ruins (Pt.2)“, vom Tunesier Ghalia Benali in Anlehnung an das arabische Stück „Lama Bada Yathatanna“ als bewegendes Lament interpretiert, heißt passend der Opener, ruinös ist die Umsetzung der sehr ernsten Themen in der Folge freilich nicht.
Angesichts der Leichtigkeit, die zuletzt „Love“ dominierte, fürchtet man sich schon ein wenig vor dem, was sich der Kritiker-Liebling dato erdachte. Entstanden ist jedoch ein opulentes Werk, durchwebt von Melancholie, in seiner flächigen Interpretation angelehnt an die Soundtracks großer Hollywood-Produktionen, durchzogen von der eleganten Gropperschen Arrangierkunst.
Die solitäre Flöte passiert den Orchestergraben vorbei, in dem exzellent platzierte Streicher Großartiges leisten, ein schüchternes Piano verliert sich im einsamen Spiel, wo an anderer Stelle eine Holzbläser-Orkan einsetzt. Dunkle Drums und sakrale Momente finden ihren Platz, in „An Air Vent (In Amsterdam)“ kommen verwertete Töne gar aus einer Lüftungsanlage.
Beunruhigendes wie die Luftschutzsirenen aus dem Opener oder das Nebelhorn von „A Misty Bay (At Dawn)“ warnen vor Euphorie, dazu eine Premiere bei Get Well Soon: Feature-Gäste. Kat Frankie ist mit Gropper zum „Nightjogging“ verabredet, Sam Vance-Law ist im Teil „Dinner At Caringhall“ der Nightmare-Reihe dabei.
„Now all they have to fear is each other“ galt in „Reservoir Dogs“ für die Protagonisten, „The Only Thing We Have To Fear“ ist für Konstantin Gropper (und nicht nur für diesen) in unseren Tagen die gesellschaftliche Zerrissenheit.
Nachdem „(Finally) A Convenient Truth“ der Platte ein vollmundiges Ende beschert, bleibt festzustellen: Solange die Musik nicht aufhört zu spielen, lässt sich Angst auf Distanz halten.