In der achten Auflage des Maifeld Derbys stagnieren die Besucherzahlen auf hohem Niveau. Samstag und Sonntag sind nahezu ausverkauft. Aber eben nur fast. Am erneut über jeden Zweifel erhabenen Programm kann es nicht liegen, am durchweg open-air-tauglichen Wetter ebenso wenig.

Die Fussball-WM in Russland wäre eine mögliche Erklärung, wenn die Veranstalter des Festivals nicht das Public-Viewing mit eingeplant hätten und die Sonntagsspiele da übertragen, wo normalerweise das Steckenpferddressur-Reiten ausgetragen wird. Wer sich allerdings die desolate Leistung der National-Elf anschaut, statt der explosiven The Kills-Show beizuwohnen, hat definitiv aufs falsche Pferd gesetzt.

Es ist einer der energetischsten Auftritte des Wochenendes und Frontfrau Alison Mosshart die große Mutmacherin dafür, dass es irgendwann mit dem Frauenanteil im Booking der Festivals noch deutlich nach oben geht. Gerade die weiblichen Protagonistinnen überzeugen nämlich auf ganzer Linie.

So liefern die Zwillings-Schwestern von Ibeyi bereits am Freitag eine der besten Gesangsleistungen des Wochenendes ab. In ihren Camouflage-Overalls machen sie ihren Auftritt zum feministischen Gegenpol und sind den nachfolgenden Acts nicht nur einen Hüftschwung, sondern auch einige Kampfansagen voraus.

Samstags können etwa This Is The Kit oder Hinds überzeugen, ehe es mit Neurosis, The Wombats und den Editors wieder recht männlich zur Sache geht. Der Samstag fällt auf den Headliner-Positionen im Vergleich zu den beiden anderen Tagen etwas mainstreamiger aus und dadurch auch etwas ab.

Mit dem elektronisch dominierten Freitag in der Zeltbühne kann er gerade noch so mithalten, wenngleich der Klangzauberer Nils Frahm die sphärische Tasten drückt wie kein zweiter. Vor sieben Jahren hätte er eigentlich schon beim Maifeld auf der Parcours d’amour Bühne gastieren sollen. Weil er allerdings ein Piano haben wollte, wurde er wieder ausgeladen. Dieses Mal darf er sich so viele Tasteninstrumente auf die Bühne stellen, dass er dahinter fast verschwindet. Das schummrige Licht tut sein Übriges.

Optisch ebenfalls rar macht sich anschließend Jon Hopkins, von dem lediglich der Kopf hinter einem Mac-Book auszumachen ist. Dafür geht bei seinen Beats viel in Bauch und Beine der Zuschauer, die sich zu psychoaktiven Leinwandanimationen in den Samstag-Morgen tanzen.

Das Beste hat sich das Maifeld Derby dieses Mal allerdings bis ganz zum Schluss aufgespart. Direkt nach den furiosen The Kills wirbelt auf der Fackel-Bühne unter freiem Himmel der Black Rebel Motorcycle Club zum letzten Mal für dieses Wochenende Staub auf. Dafür aber richtig.

Während der große Kamerakran, der wie im Jahr zuvor die Konzerte live auf Arte Online überträgt, einige mal gefährlich nahe über die Köpfe des Publikums fliegt, spielt sich das Trio durch ein gesalzenes Retro-Rock-Set. Von Müdigkeit am dritten Tag ist bei den Besuchern nichts zu spüren, wenn ein paar tausend Kehlen „Whatever happend to our Rock’n’Roll“ schreien.

Wer danach denkt, dass es besser nicht mehr werden kann, hat die Rechnung ohne Mark Oliver Everett und seine Eels gemacht. Es ist die erste Show ihrer nahezu ausverkauften Europatour zur neuen Platte „The Deconstruction“. Von der ersten Sekunde an ist spürbar, wie sehr es die Band auf die Bühne zieht. Die Eels sind arschcool, unfassbar tight und vielseitig.

„Fuck, this is fun“, kann Everett dann auch seine Begeisterung nicht mehr in Zaum halten. Wie keine andere Band bringen sie Spielfreude, Witz und Melancholie zusammen, als wäre es das Natürlichste der Welt. Auf knackigen Rock’n’Roll folgen feinste Singer/Songwriter-Nummern folgt beste Spoke-Word-Unterhaltung.

„It’s time to introduce my band. Let’s start with me“, scherzt Everett, tut das dann auch, ehe sich fünf Minuten später der neue Schlagzeuger „Littel John“ mit einem eigenen Song kurzerhand selbst vorstellt. Besser hätte das Wochenende nicht enden können.

Gerade wegen solcher Ausnahmekünstler abseits des Mainstream, die man eher selten bis nie auf Festivals sieht, wurde Get Well Soon-Bassist und Maifeld-Macher Timo Kumpf vergangenes Jahr mit dem “Helga Award” für das beste Booking ausgezeichnet. Es wird in dieser Kategorie bestimmt nicht die letzte Auszeichnung bleiben.

Eine Antwort

  1. The Eels und BRCM waren echt wieder super wie auch die gesamte Auswahl an Künstlern. Hinds fand ich leider etwas enttäuschend und fad, vielleicht auch dem eher mäßigen Sound geschuldet, dafür auf weiblicher Seite Kat Franke grandios. Zeitgleich mit the Kills war auf der Parcours L’Amour Bühne Tamino, was meine persönliche Festival-Überraschung war – unfassbar gut! Gerade am Samstag fand ich den Sound insgesamt leider nicht berauschend – vor allem bei den Wombats und Editors, sehr schade! Dennoch gerade aufgrund des Line-Ups, der entspannten Atmosphäre und der liebevollen Gestaltung ein super lohnenswertes Festival. ????

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