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Melody’s Echo Chamber – Bon Voyage

Hinter dem lautmalerischen Namen Melody’s Echo Chamber verbirgt sich das ambitionierte Projekt der französischen Singer/Songwriterin Melody Bronchet. Sie war einst liiert mit Tame Impalas Kevin Parker, der auch ihr selbstbetiteltes Debüt aus 2012 produzierte.

Inzwischen ist der Boyfriend weg, die psychedelisch-schrägen Extravaganzen von Tame Impala geblieben. Die kommen auf ihrer zweiten Platte „Bon Voyage“ vor allem im finalen „Shirim“ deutlich zur Geltung.

Für die überwältigende Artenvielfalt der restlichen Platte hat sich Bronchet in Schweden bei den Multitalenten Fredrik Swahn und Reine Fiske von den unvergleichlichen The Amazing und den Psych-Folk-Alleskönnern Dungen Unterstützung gesucht – und wurde während der Produktion jäh von einem schweren Unfall ausgebremst.

Vor etwa einem Jahr fiel sie ungeschickt, brach sich diverse Hals- und Nackenwirbel und litt anschließend an einem Hirnaneurysma. Sie spricht noch immer ungern über das „traumatische Erlebnis“, sei aber dankbar, dass sie wieder geheilt ist und neue Perspektiven habe.

Beim Erstkontakt mit „Bon Voyage“ hat sie davon mehr, als zunächst gesund erscheint. Eine Folk-Prog-Achterbahnfahrt mit elektronischen Loopings, bei denen man schon mal die Buchstaben vertauscht, mit kleinen Kotzhügeln, die deshalb so hinterhältig einschlagen, weil man sie kaum kommen hört, und mit einem Hang zum Dadaismus, überfordern jede Aufnahmekapazität.

„So much blood on my hands, and not much left to destroy“, rekapituliert sie ihren Sturz in „Desert Horse“, nicht ohne die Schmerzen auf vielfältige Weise zum Ausdruck zu bringen: Da sind eine Heliumstimme, ein ominöser Zwischenschrei und etliche infantile Sounds, deren Ursprungssignale nicht mehr nachvollzogen werden können.

Da ist ein Flötensolo im Opener „Cross My Heart“, das klar die Handschrift von Dungen trägt, Tempowechsel und ein abrupter Abriss im genial-verrückten „Breath In, Breath Out“, Spoken-Word-Parts in „Quand Les Larmes D’un Ange Font Danser La Neige“, von wo auch immer die männlichen Stimme herkommt.

Da sind permanente Sprachwechsel vom Englischen ins Französische ins Schwedische, vertrackte Beats, ein Instrumenten-Potpourri, die Akustikgitarre und immer wieder die reizende Melody, die alles zusammenhält.

„Bon Voyage“ wird zum Pflichtkauf für Menschen mit leicht masochistischen Hörgewohnheiten. Ein Album, das überkocht vor Ideen und Möglichkeiten. Eines, das zunächst von allem zu viel ist, sich dafür aber direkt mit viel l’amour und gutem Geschmack in der Aufmerksamkeit verbeißt.

Die Vielschichtigkeit gibt dann mit jedem Durchgang etwas mehr von ihrer Genialität preis und bringt sich nach und nach in Position für die Jahresendabrechnung.

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