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Dann herrscht zu viel Demokratie – Me + Marie im Interview

Maria de Val und Roland Scandella, besser bekannt als Me + Marie, veröffentlichten 2016 mit „One Eyed Love“ ihr Debütalbum, auf dem sie die einseitige Liebe thematisierten. Zwei Jahre später präsentieren sie nun mit „Double Purpose“ ihr Zweitwerk und besingen „die unauflösbare Verschränktheit der Dinge“.  Alles passiert aus einem Grund, denn es kann das Eine nicht ohne das Andere geben.

Wir haben uns kurz vor Albumrelease mit dem Indie-Rock-Duo zum Interview getroffen und unterhielten uns mit Sängerin Maria über Kompromisse im Songwriting, Gegensätze in den Liedern und ihren Hauptantrieb für die Musik.

MusikBlog: Hallo Maria, wie geht’s?

Maria de Val: Es ist gerade alles etwas chaotisch. Wir spielen aktuell auf Festivals und sind mit Calexico auf Tour. Dazu kommen die Vorbereitungen auf unsere eigene Tour und natürlich die Albumveröffentlichung. Alles etwas stressig!

MusikBlog: Ganz nach dem Motto eurer kommenden Platte: Alles passiert aus einem Grund.

Maria de Val: Das stimmt! (lacht)

MusikBlog: Apropos Tour. Live seid ihr ein Quartett statt ein Duo.

Maria de Val: Wir sehen uns als ein Songwriter-Duo. Im Studio spielen wir nämlich verschiedene Instrumente ein, das geht gut zu zweit. Live stellt sich dann immer die Frage, wie man das umsetzt. Und da wir lieber mit Menschen als mit Samples oder so spielen, haben wir uns Unterstützung geholt.

Songwriting ist für mich aber eine Sache, die nur zu zweit oder alleine geht. Wenn mehrere Leute beteiligt sind, dann herrscht zu viel Demokratie. Obwohl viele Meinungen gut sind, wird dann meistens demokratisch abgestimmt und Dinge werden nicht zu Ende gedacht. Zu zweit gibt es so etwas nicht. Es wird solange weitergemacht, bis es beiden gefällt, bis beide verstanden haben. Wenn es nicht beiden gefällt, kommt es nicht auf das Album. Roland und ich machen da keine Kompromisse. Wir können das nicht. (lacht)

MusikBlog: Die Texte schreibt ihr dann auch nur zu zweit?

Maria de Val: Manchmal holen wir uns schon Unterstützung. Matthew Austin und Jordan Prince zum Beispiel sind zwei in München lebende Songwriter. Die kommen manchmal zu unseren Sessions und dann schreiben wir gemeinsam mit ihnen Texte.

MusikBlog: Aber da zähle ich schon wieder vier Meinungen!

Maria de Val: Da hast du recht! (lacht) Wir machen das auch nur, wenn wir wirklich einer Meinung sind, wenn klar ist, welche Gedanken wir vertreten wollen. Nur dann arbeiten wir mit anderen.

MusikBlog: Wie schwer ist es denn, zwei Meinungen zu vereinen?

Maria de Val: Das kann manchmal wirklich dauern. Man denkt zwar, dass wenn man sich lang genug kennt, der andere einen irgendwann schneller versteht, aber das ist überhaupt nicht der Fall. Manchmal braucht das wirklich Zeit.

MusikBlog: Wird man sich aber nicht irgendwann ähnlich und teilt dann die gleichen Meinungen?

Maria de Val: Ich glaube, da besteht wenig Gefahr bei uns! (lacht) Wir sind von unserer musikalischen Grundeinstellung einfach schon sehr unterschiedlich, wir kommen beide aus anderen Bereichen. Manchmal kann das aber sehr inspirierend sein, mit jemandem zu arbeiten, der anders denkt. Wären wir gleich, dann wäre das auch langweilig. Wenn man möchte, dass die Musik emotional packt, dann müssen auch gemischte Gefühle beim Songwriting mit einfließen. Das funktioniert mit zwei gegensätzlichen Polen wie uns sehr gut.

MusikBlog: Fällt dir auf Anhieb ein Gegensatz ein?

Maria de Val: Was öfter der Fall ist, ist zum Beispiel das Festhalten von Ideen. Ich habe einfach keine Geduld dafür. Ich bekomme zwar sehr schnell Ideen, Roland ist aber der, der sie auffängt und dann zu einem Song macht. Er macht da weiter, wo ich schon längst aufgehört hätte oder wo ich die Idee erst gar nicht ernst genommen hätte.

Es gibt aber keine typische Rollenaufteilung bei uns, das ändert sich immer wieder mal. Da Roland aus der Rock-Musik kommt, denken viele Menschen, dass die rockigeren Lieder von ihm sind, das ist aber manchmal genau andersrum. Wenn sich jemand damit befasst, der nicht aus der Richtung kommt, dann sind die Ideen meistens frischer. Die ruhigeren Lieder sind tatsächlich oft von Roland.

MusikBlog: Ist der Song „Double Purpose“ ein Beispiel dafür, dass Lieder ihre Zeit brauchen?

Maria de Val: Ach, dieses Lied. Wir haben das schon ein paar Mal aufgenommen gehabt, aber es war für uns noch nie richtig fertig. Irgendwann haben wir es dann auch einfach gelassen. Als wir aber mit Kurt Ebelhäuser in Koblenz saßen, haben wir uns das Demo-Tape angehört und dem ganzen nochmal eine Chance gegeben.

Weißt du, manchmal hat man ein Lied, das aber nur ein halbes Lied ist. Dann braucht es Zeit, bis man seine eigene Idee versteht. Zeit und vielleicht auch die richtige Person, die es dann umsetzt, damit es so klingt, wie es klingen soll. Bei dem Song war wirklich so, dass es sich im Studio einfach nicht so angehört hat, wie es sollte.

MusikBlog: Dafür ist es jetzt immerhin der Titeltrack.

Maria de Val: Ja, das ist so interessant! Beim ersten Album war es auch so. Wir hatten zwar am Anfang den Titel, aber das Konzept kam erst zum Schluss. Den roten Faden haben wir zufällig gefunden.

Im Oktober letzten Jahres hatten wir zum Beispiel eine Songwriting-Session und sind bewusst auf Notizen und Sachen, die wir über das Jahr gesammelt hatten, eingegangen und haben geschaut, was intuitiv so rauskam. Am Anfang sind auf diese Weise vier ganz neue Lieder entstanden. Danach haben wir ältere Lieder rausgesucht, die zum Thema passten.

MusikBlog: Eure zweite Singleauskopplung „Sad Song To Dance“ – alt oder neu?

Maria de Val: Das ist ein gutes Beispiel! Das Lied ist neu und ein gutes Beispiel für die ambivalenten Gefühle, das Intuitive, das ich eben angesprochen habe. Obwohl das Thema und der Titel an sich traurig sind, ist es von der Melodie her tanzbar! Man sollte einfach tanzen, wenn man traurig ist! (lacht)

MusikBlog: Was für ein Gegensatz behandelt „Miles Of Lies“?

Maria de Val: Es geht um zwei Charaktere, zwei gegensätzliche Personen. Auf der einen Seite steht derjenige, der alles durchschaut und alles sieht. Auf der anderen Seite ist eine Person, die stur ist, sich nichts sagen lässt und die Augen vor der Wahrheit verschließt, sich sozusagen selber anlügt. Bei dem Song war es zum Beispiel so, dass wir uns mit unserem „Quatschtext“ befasst haben.

MusikBlog: „Quatschtext“?

Maria de Val: Manchmal nehmen wir die Melodie zuerst auf und singen dann einfach irgendwas, was gerade passt. Der vollwertige Text entsteht dann erst im Nachhinein. Bisher haben wir diese „Quatschtexte“ nicht ernst genommen, meistens ergeben sie auch überhaupt keinen Sinn. Bei „Miles Of Lies“ haben wir dem Ganzen mal eine Chance gegeben. Manchmal steckt in so einem ersten Gedanken doch viel, die wichtige Aussage oder der Grundgedanke des Songs.

MusikBlog: Bleiben wir beim Text: „Stuck in the days of dollars and change“. Was wird hier bei „Children Of Money“ besungen?

Maria de Val: Das Lied handelt generell davon, dass, sobald es um Geld geht, vieles kaputt gehen kann. Speziell geht es hier um einen Rockstar, der, sobald das Geld fließt, die wesentlichen Dinge vergisst. Natürlich hat jeder die Freiheit zu tun, was er für richtig hält. Ich denke nur, viele Bands haben als einziges Ziel den Erfolg, vor allem den kommerziellen Erfolg. Sie wollen bekannt sein. Wenn das der ausschlaggebende Grund ist, der Hauptantrieb ist, um Musik zu machen, dann geht das selten lange gut. Natürlich gibt es Ausnahmen, die funktionieren, weil von der Industrie Geld reingepumpt wird, aber selten klappt das auf lange Sicht.

MusikBlog: Und ihr?

Maria de Val: Nur Luft und Liebe klappt natürlich auch nicht! (lacht) Aber man sollte es langsam aufbauen. Der Antrieb sollte etwas anderes sein, als das Geld. Bei uns ist das noch nicht so die Gefahr. Aktuell ist es mehr Leidenschaft als Beruf.

MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.

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