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Mudhoney – Digital Garbage

Derbheit im hohen Alter. Mudhoney machen jetzt seit über 30 Jahren Grunge und lassen auf ihrem aktuellen und zehnten Album „Digital Garbage“ immer noch auf erste Zeichen unkreativer Altersmüdigkeit warten. Wer Grunge erwartet, bekommt Grunge. Unangepasst, jung und etwas aus der Zeit gefallen.

Grunge und Seattle sind ungefähr so innig miteinander verwoben, wie Atlanta mit der aktuellen Hip-Hop-Szene. Und auch wenn die musikalische Überschneidung sich auf ein paar wenige Samples reduzieren lässt, die immer mal wieder ihren Weg in kontemporären Emo-Rap finden, haben die beiden Szenen mehr gemeinsam, als man auf den ersten Blick erkennen mag.

Die beiden Großstädte beherbergen beziehungsweise beherbergten die jeweilige musikalische Jugendbewegung, sind und waren Ausgangspunkt und zugleich Epizentrum allen kreativen Schaffens der jeweiligen Szenen.

Mudhoney sind dann vielleicht wie die Migos der 90er. Die Entwicklung, die Offset, Quavo und Takeoff schon bei ihrem dritten Studioalbum „Culture II“ erkennen ließen, holte natürlich auch Mudhoney irgendwann ein. Das Implementieren der selbst entworfenen Schemata, um das möglichst makelloses Genrewerk zu veröffentlichen.

Was Mudhoney und Migos unterscheidet ist, dass Mudhoney selbst auf ihrem zehnten Album nicht so lethargisch wirken, wie Migos auf ihrem dritten. „Hey Neanderfuck“ ist zwar primitiv und vulgär, und die Drums hätten etwas mehr Aggressivität durchaus vertragen können, aber Wut ist bei Mudhoney scheinbar mehr als Stilmittel, eher Lebenseinstellung.

„Messiah’s Lament“ zeichnet als Gegenbeispiel das Cover des Albums nach und versetzt in die hoffnungs- und endlose Steppe. Country und Lärm, Erfahrung und Bock.

Der Bass in „Nerve Attack“ und „Night And Fog“ strukturiert das Chaos, erzählt vom Verständnis der US-Amerikaner, Rockmusik aufzubauen und umzusetzen.

„Digital Garbage“ ist, mitsamt einiger mittelmäßiger Tracks, ein Grungealbum, wie man es von einer der legendärsten Bands dieses Genres erwarten würde. Und dabei bemüht es sich sogar darum, zeitgemäß zu klingen und zu kommunizieren.

Das einzige Problem, dass Seattle’sche Grungemusik in Zeiten von Internet, Newstickern und Trump hat, ist, dass nichts mehr provoziert. „21st Century Pharisees“ will den Status Quo ankreiden, heuchlerisches Verhalten anmahnen, den Zeitgeist kritisieren. Dabei findet der Zeitgeist sich viel lieber mit lethargischem Rap und pseudo-ironischem Materialismus zufrieden.

Gebrülle in Zeiten von Gemurmel.

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