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Spiritualized – And Nothing Hurt

Alle haben Spotify. Keiner kauft mehr Platten. Außer natürlich ein kleiner Prozentsatz:

Die wahren Musikliebhaber, die Vinyl immer noch wegen Sound, Haptik und dem wohligen Gefühl, das sich beim Entfernen der Plastikfolie ausbreitet kaufen und die Hipster, die gar nicht so genau wissen, was Vinyl eigentlich ist, aber finden, dass sich so ein Plattenspieler total toll in ihrem skandinavischen Innendesign macht.

Was das mit der neuen Spiritualized-Platte zu tun hat? Zumindest so viel, dass Mastermind Jason Pierce für sein achtes Album nicht genug Geld hatte, um seine überbordenden Klangteppiche, die jede Konzerthalle mit Würde füllen können, in einem Studio aufzunehmen und stattdessen alles kleinlich in der hauseigenen Dachkammer am Laptop zusammenbasteln musste.

Nicht, dass man das „And Nothing Hurt“ ansatzweise anhören würde. Die Entstehung muss Pierce an den Rand des Wahnsinns getrieben haben, so vielschichtig wie die neun Kleinode klingen.

„A Perfect Miracle“ beginnt als harmloses Schlaflied, aber selbst hier lässt sich Pierce schon zu schmachtenden Streichern hinreißen, die gegen Ende von Bläserarrangements das Sahnehäubchen aufgesetzt bekommen.

Und so wie der Opener funktioniert, zieht einen auch der Rest der Platte in seinen Bann. Mit „Let’s Dance“ und „The Morning After“ wechseln sich pianogetragene Balladen voller Romantik und Schellenkranz mit krachigen Achtminütern ab, die mit ihrem musikalischen Chaos an das wohlige Durcheinander aus „Road To Joy“ von den Bright Eyes erinneren. Nur mit ein bisschen weniger Folk und dafür einer Portion mehr Rock’n’Roll.

Zu „I’m Your Man“ darf man dann ohne Scham sein Mädchen an die Hand nehmen und zu einer latent kitschigen, aber nie peinlichen Engtanz-Nummer auffordern.

„Here It Comes (The Road) Let’s Go“ verrät seinen Spirit schon im Titel und liefert wie erwartet feinste Roadtrip-Musik à la Bruce Springsteen einmal mit Weichspüler durchgewaschen und kurz bei Tom Petty angeklopft.

Mit „Sail On Trough“ klingt „And Nothing Hurt“ als Hybrid aus Country und Drone gänzlich harmonisch und versöhnlich aus.

Man möchte Spiritualized gerne beim Wort nehmen und hinterher segeln, nur um sicherzustellen, dass das mit dem nächsten Album nicht wieder sechs Jahre dauert.

Naja, und wenn doch, weiß man mittlerweile wenigstens, dass sich das Warten lohnt.

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