Radiohead und die Filmmusik habe ihre eigene Geschichte. Nicht immer eine unbedingt erfolgreiche, was aber in der Vergangenheit nicht an der Band selbst, sondern eher an dem schlechten Musikgeschmack der Filmproduzenten lag.

Statt für Überraschungen zu sorgen, die Popkultur den Atem anhalten zu lassen und den James-Bond-Film „Spectre“ mit der großartig düsteren Orchester-Ballade aus der Menge des drögen Mainstreams herausstechen zu lassen, entschieden sich die Produzenten lieber für pathetischen 0815-Pop von Sam Smith.

Die Massen haben sich sicher gefreut. Radiohead hat’s nicht allzu sehr gestört, veröffentlichten die Briten den Song einfach im Dezember 2015 als kostenlosen Download.

Wenn sich nicht gerade die ganze Band mit Filmmusik beschäftigt, ist dafür eigentlich Gitarrist Jonny Greenwood zuständig. Der Brite spielt seit mittlerweile 15 Jahren im Soundtrack-Geschäft mit und heimste sich mit seiner Musik zu „Phantom Threat“ dieses Jahr sogar eine Oscar-Nominierung ein.

Knapp 20 Jahre nachdem Frontmann Thom Yorke das Angebot ablehnte, den Soundtrack zu David Finchers „Fight Club“ zu schreiben, wagt er sich nun doch an die Vertonung von bewegten Bildern. Versuchsobjekt ist das Remake des legendären Dario Argento-Klassikers „Suspiria“.

Für die von Luca Guadagnino verfilmte Neuauflage komponiert Yorke 90 Minuten Musik, die genau so ist, wie der Horrorklassiker selbst: Gruselig, voller merkwürdiger Geräusche und mit allerhand Gänsehaut-Momenten.

Eins sei vorneweg gesagt: „Suspiria“ ist tatsächlich Filmmusik, also nicht unbedingt eine Platte, die man mehrfach von Anfang bis Ende durchhört. Aber unter den 25 Tracks, die von interludigen Halbminütern bis hin zu dem mehr als abstrakten fünfzehnminütigen Chor-Ungetüm „A Choir Of One“ alles in den Topf werfen, sind eben auch diese typischen Yorke-Songs, für die man den verqueren Briten so schätzt.

Die verspielte Piano-Ballade „Suspirium“ mit Yorkes so typischer Kopfstimme hätte genau so – okay, vielleicht ohne die Flöte – auch auf irgendeinem Radiohead-Album landen können und ist vielmehr wunderschön als gruselig.

Bei „Has Ended“ erhält Yorke am Schlagzeug familiäre Unterstützung von seinem Sohn Noah, dessen Beat dem atmosphärischen Klang und Yorkes verzerrter Stimme die nötige Basis verschafft. Die flirrenden Soli klingen wie Led Zeppelin, die ein bisschen zu viel Gras geraucht haben.

Als Filmsoundtrack ist „Suspirium“ großartig. Besser kann man klassische Horrorstimmung kaum einfangen. Aber dank Singles wie „Unmade“ oder „Has Ended“ ist „Suspiria“ auch ohne Bild ein Vergnügen.

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