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Bilderbuch – Vernissage My Heart

Bilderbuch, oder: Wo denglisch sexy klingt und der politische Slacker mit weißen Sneakern den Zeitgeist zeichnet.

Mittlerweile hauen die Wiener Burschen beinahe im Wochenzeitungs-Modus neue Alben raus, was die Frage aufwirft, wie viel davon noch neu ist und ob man nicht einfach Kendrick Lamar nachahmen und das letzte Album „Mea Culpa” in umgekehrter Reihenfolge veröffentlichen könnte?

„Apluc Aem“ klingt halt eher wie der Handlanger von Cthulhu oder eine etwas verkackte Verabschiedung auf Französich. Dann doch lieber „Vernissage My Heart“. Aber was kann die acht Songs starke Platte?

Vieles, was der Vorgänger auch ganz gut hinbekommen hat. Mit „Memory Card 2“ gibt es sogar ein direktes Sequel zu „Memory Card“ auf „Mea Culpa“.

Hier fungiert der Track allerdings eher wie ein Interlude, lässt bei der Länge und minimalistischer Aufmachung eher vermuten, dass es sich bei der zweiten Speicherkarte um eine dieser elendig teuren und gleichzeitig elendig kleinen handelt, die man vor 10 (?) Jahren in seine Playstation Portable reinschieben musste.

„Kids Im Park” liefert das Gegenprogramm zum kleinen Ausflug in die Bescheidenheit und erinnert mit Bass und Synths sogar eher an „Magic Life“ als an das dauerrauschende und selten ausbrechende „Mea Culpa“.

Mit „Mr. Supercool” gibt es noch die aktualisierte Version eines bekannten Schemas. Statt „Mr. Zero“ wie bei den Yardbirds und „Mr. Maker“ von den Kooks hat sich unser Mister nun also von jeglicher Vernunft befreit und will einfach nur noch auf Santorino heiraten.

Während der Titeltrack des Albums dann noch kurz veranschaulicht, warum „drauf“ und „kunstbegeistert“ jedenfalls auf einer Vernissage synonym verwendet werden können, gibt „Europa 22“ den politischen Abschluss.

Eine Hymne über die Vision einer grenzenlosen Gesellschaft mit einer gedämpften zweiten Hälfte, ein von Synths gezeichnetes Ödland als Mahnung an die aktuelle Politik? Brexit-Vertonung?

Eine Frage bleibt am Ende. Braucht man „Vernissage My Heart“ wirklich? Eigentlich machen Bilderbuch vieles so, wie sie es schon mal gemacht haben.

Weil das eben immer noch geil klingt, und man irgendwo zwischen dem musikalischen und inhaltlichen Gepose noch einen Sinn für die Realität vermuten darf, der bei deutschsprachiger Musik häufig unter erdrückend oberflächlicher Moral vergraben wird, nimmt man „Vernissage My Heart” doch dankend an.

Außerdem besingen Bilderbuch fast ausnahmslos die Bedürfnisgesellschaft der Post-2000er. Wer erwartet da noch, dass irgendein Bedarf erfüllt wird?

 

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