Indie-Folk war gestern. Eine treue Anhängerschaft hat sich Angel Olsen in drei Alben, die von Do-It-Yourself-Schlafzimmer-Folk, rauen Indie-Rock-Ausflügen bis pathetischen Folk-Balladen reichen, erspielt. Dabei stets im Fokus ihr Dauerthema: die liebe Liebe.
Mutiger- und konsequenterweise gehen die stets emotional sehr aufwühlenden Songs auf ihrem vierten Album „All Mirrors“ in eine äußerst orchestrale Richtung. Die Akustikgitarre darf nur noch im Hintergrund zupfen. Hier zirpen, surren, jaulen und jammern alle Arten von Streichern dass es eine Kitsch-Freude ist.
Das macht „All Mirrors“ natürlich deutlich voraussetzungslastiger: Man muss schon Bock auf ganz großes Gefühlspathos haben, was sich heutzutage meist nur bei den Wirrungen der Liebe einstellt und nicht mehr beim Anklagen über absurd perverse Weltpolitik.
Insgesamt zeigt „All Mirrors“ Stärken und Schwächen gleichermaßen. Ihre Wehklagen über ihr Nicht-gelingen-wollen der Liebe driften manches Mal ab in Kitsch und damit ins Groteske.
Und doch ist sie erfahrene Singer/Songwriterin genug, um auch regelmäßig genau ins Schwarze zu treffen, besonders bei den Songs, die instrumentale Vielschichtigkeit kennen, wie „Summer“ oder „New Love Cassette“.
Mit der empfindsamen Liebes-Seele ist es so eine Sache. Sie will gestreichelt werden und das tut gut. Doch sie fordert auch dermaßen viel narzisstische Aufmerksamkeit, dass der Bogen schnell überspannt.
Angel Olsens Dauerthema, das deutet sich mit „All Mirrors“ stark an, ist jetzt langsam ausgelutscht. Für den vierten Streich war das noch eine konsequente Fortführung ihres bisherigen Schaffens und geht damit durch.
Doch für die Zukunft läuft sie fast Gefahr, eine folkige Drama-Queen zu werden, die ein bisschen nerven kann.