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Yann Tiersen – Portrait

Yann Tiersen ist ein Klangbastler. Das ist nicht erst seit seinem letzten Projekt „The Eskal“ klar: In den vergangenen Jahren hat Tiersen seine Zeit damit verbracht, auf der kleinen Insel Ouessant eine alte Diskothek in eine künstlerische Begegnungsstätte zu verwandeln, um dort seine eigenen Klangvorstellungen zu perfektionieren.

Was mit „All“ begann, strickt sich auf „Portrait“ weiter, denn ein einfaches Best-Of-Album genügt dem Klangpuristen nicht. So hat er für „Portrait“ alle 25 Songs – egal ob jahrzehntealte Klassiker oder gerade erst der Feder entsprungene Neulinge – erneut aufgenommen.

Natürlich dürfen bei einer Werkschau des Franzosen seine Aushängeschilder, mit denen bis heute ein Großteil der Maße Tiersen assoziiert, nicht fehlen. Mit „La Dispute“ und „Comptine d’Un Autre Été (L’Après Midi)“ erklingen auch zwei Meisterstürke des Soundtracks „Die fabelhafte Welt der Amelie“ in neuem Gewand.

Und auch, wenn man kein absoluter Klangexperte ist, hört man einen deutlichen Unterschied. Die Melodica in „La Dispute“ klingt, als habe sie mehr Raum zur Entfaltung und schleicht sich wie ein entfernter Bekannter in den Gehörgang. Umso prominenter und direkter wirkt das darauffolgende Klavier, das den Raum durch seine satten Klänge mit Wärme erfüllt.

Eine ähnliche Beobachtung lässt sich bei „Comptine d’Un Autre Été (L’Après Midi)“ machen. Das Klavier klingt wärmer und unmittelbarer, so als würde Tiersen nur einen Katzensprung entfernt von der Couch spielen, auf der man sich zu seinen melancholischen Tönen passend zu den derzeitigen Temperaturen einigelt.

„Portrait“ wäre kein Tiersen-Album, wenn der Franzose nicht auch hier viele altbekannte Gastmusiker versammelt hätte, darunter unter anderem seine Frau Emilie, die beispielsweise „Gwennilied“ oder „Pell“ mit ihrem elfenhaften Gesang schmückt.

In „Dious An Nuz“ liefert sich Emilie Tiersen ein wunderschönes Duett mit Ólavur Jákupsson, das sich auf stetig breiter werdenden Soundflächen entfaltet. Ein großartiges Beispiel dafür, dass Tiersen so viel mehr kann als die melancholische Klaviermusik, auf die er allzu oft reduziert wird.

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