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Eine Einladung für etwas Neues – Dream Wife im Interview

Ein brandneues Studioalbum (“So When You Gonna…“) und eine inhaltlich eingebundene Podcastreihe: Die britischen Indie-Rockerinnen von Dream Wife drehen im Sommer 2020 aber mal so richtig auf. Mit facettenreichen Klängen aus diversen Genre-Schubladen und gesellschaftskritischen Texten im Gepäck regen die Damen Rakel Mjöll, Alice Go und Bella Podpadec aus London zum Tanzen und Nachdenken an. Wir trafen uns mit Sängerin Rakel zum Interview und sprachen über Island, die pure Direktheit und die Freude an gepflegter Konversation.

MusikBlog: Rakel, ihr habt noch vor Corona euer neues Album “So When You Gonna…” fertigstellen können. Jetzt steht mehr oder weniger alles still. Wie ist die Lage in Island?

Rakel Mjöll: Die Lage hier bei uns in Island ist weitestgehend normal. Glücklicherweise haben wir eine Regierung, die bereits im Januar erste Tests machen ließ und auch danach stets bemüht war, frühzeitig Maßnahmen zu ergreifen. Das hat dem Land im Kampf gegen Corona sehr geholfen.

MusikBlog: Ein Ende der Pandemie ist noch nicht in Sicht. Viele Menschen machen sich aber jetzt schon Gedanken darüber, was die Gesellschaft aus dieser Zeit für die Zukunft mitnehmen sollte. Wie sieht es da bei dir aus?

Rakel Mjöll: Ich erlebe gerade viele Situationen, in denen alles ein bisschen langsamer vonstatten geht. Die gewonnene Zeit wird genutzt, um das Umfeld näher und intensiver kennenzulernen. Vielerorts erinnert der momentane Alltag an Zeiten, in denen Island noch weitestgehend unberührt war. Diese Augenblicke und Erfahrungen werden sicherlich noch lange im Gedächtnis bleiben.

MusikBlog: Wenn man nicht wüsste, dass ihr euer Album vor Corona produziert habt, könnte man meinen, ihr hättet während der Pandemie eure Leidenschaft für experimentelle Pop-Sounds entdeckt. Würdest du mir da zustimmen?

Rakel Mjöll: (lacht) Unserem ersten Album stand ein klarer Plan zur Seite. Diesmal sind wir viel offener mit unseren Ideen und Visionen umgegangen. Ich meine, wir waren nach unserem Debütalbum fast zwei Jahre durchgehend auf Tour. Da verändert sich natürlich viel für eine junge Band. Das war bei uns nicht anders.

Wir haben alles aufgesaugt, und uns dann hingesetzt und viel Zeit genommen. Irgendwann haben wir uns dann gefragt: Was wollen wir den Leuten da draußen zeigen? Was wollen wir uns zeigen? So entstand dieses Album. Der Titel passt auch perfekt, wie ich finde. Es ist wie eine Einladung für etwas Neues. Man weiß nicht, was kommt. Aber überall stehen die Türen offen.

MusikBlog: Ihr geht auch inhaltlich wieder den direkten Weg, und behandelt Themen wie Abtreibung und Geschlechtergleichstellung ohne Filter und ohne Barrieren. Wie wichtig ist euch diese Direktheit?

Rakel Mjöll: Da steckt kein vorgefertigtes Konzept dahinter. Wir schreiben einfach über die Dinge und Themen, die uns persönlich am Herzen liegen, und die uns wichtig sind. Und wenn wir das tun, dann benutzen wir auch eine klare Sprache, die uns mit der Realität verbindet.

MusikBlog: “Temporary” ist ein Song, der inhaltlich besonders hervorsticht.

Rakel Mjöll: In dem Song geht es um eine gute Freundin von uns, die mehrere Fehlgeburten hinter sich hat. Der Text basiert auf Gesprächen, die wir mit ihr am Krankenbett geführt haben. Es ist echt, es ist hart und es ist sehr schwer. Aber es ist so immens wichtig, über solche Themen zu schreiben.

MusikBlog: Wie herausfordernd ist dieser Teil des Schreibens?

Rakel Mjöll: Für mich persönlich ist es gar keine so große Herausforderung. Für mich fühlt es sich einfach natürlich und richtig an, über solche Dinge zu schreiben. Ehrlichkeit ist das Fundament, auf dem wir unsere Texte betten. Das reale Leben, das Hier und Jetzt, ist das, was uns inspiriert, beeinflusst und bewegt. Und darüber schreiben wir.

MusikBlog: Das Album wurde von Marta Salogni (FKA twigs, Björk) produziert, die auch der erst Gast eures albumbegleitenden Podcasts war. Wie kam es zu dem Projekt?

Rakel Mjöll: Nun, die Arbeit mit Marta war extrem entspannt und voller lustiger und unglaublich schöner Momente. Es war wirklich eine Freude, mit ihr zu arbeiten. Wir haben diesmal ja generell nur mit Frauen zusammengearbeitet. Das war eine tolle Erfahrung. Irgendwie entstand daraus dann der Gedanke, all diese Begegnungen irgendwie noch einmal zu intensivieren. So entstand die Idee zum Podcast.

MusikBlog: Was genau gibt es da zu hören?

Rakel Mjöll: Wir sprechen mit den Gästen einfach über die Themen, die uns interessieren. Wir stellen Fragen, sind neugierig und wollen einfach so viel wie möglich über die Menschen und ihre Arbeit erfahren. Wir haben mit Marta begonnen. Mittlerweile sind viele andere dazugekommen. Es ist unheimlich spannend zu sehen, wie sich so ein Projekt entwickelt.

MusikBlog: Apropos Entwicklung: Corona sei Dank sind Tourneen und Konzerte erst einmal passé. Wie sieht eure Planung für die kommenden Wochen und Monate aus?

Rakel Mjöll: Natürlich sind wir als Live-Band gerade sehr traurig darüber, dass wir die neuen Songs nicht auf der Bühne mit unseren Fans teilen können. Aber wir nehmen es, wie es ist. Wir hatten so eine tolle Zeit während der Entstehung dieses Albums. Wir werden uns in der nächsten Zeit noch intensiver mit dem ganzen Drumherum und dem Produktionsprozess eines Albums beschäftigen. Wir werden einfach versuchen, die Zeit so kreativ wie möglich zu nutzen. Und dann werden wir irgendwann hoffentlich wieder unsere Sachen packen können und auf Tour gehen. Das ist die Hoffnung.

MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.

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