„Zerstreuen Über Euch“, das zweite Werk von CULK beginnt ganz tief unten. Klanglich und assoziativ. Sofort verliert man sich im desillusioniert hoffenden Gesang der Ausnahme-Künstlerin Sophie Löw.
Unendlich düster schleppend eingepackte Wortspiele. „Wir geben, wir vergeben. Wir machen, wir vermachen. Wir streben, wir bestreben. Wir greifen, wir begreifen. Wir stören, wir verstören, Wir klagen, wir verklagen, …“.
„Straßenseiten wechseln, fremde Blicke, neue Wege testen, zieh die kurze Hose lang„. Ihren Themen vom ersten Album bleiben CULK treu. Machtverhältnisse im Alltag, Beziehungen zwischen Personen und Geschlechtern.
„Nacht“ thematisiert die Situation von Frauen nachts auf der Straße. Statistisch gibt es laut Umfragen erschreckend wenige Straßen, in denen sich Frauen nachts sicher fühlen. „Überall nur Fraun, nur Fraun, nur Fraun“. Die Utopie der Sicherheit liegt weit in der Zukunft.
„Was ist schon normal, Was war schon normal, Du verstehst Jahre später, Du zerbrichst Jahre später nochmal“. Ohnmacht im eigenen Werden. „Ich lasse Dinge mit mir passieren, Dir wird nichts passieren, weil ich nicht weiß, was mit mir passiert“.
Emotional dichte Poesie. Schwermütig und melancholisch. Unterlegt von schleppendem, sich immer mehr verdichtenden Sound. „Du kennst keine Worte für mich…deine Nicht-Worte für mich, führen mich in die Ohnmacht“. Langsam macht sich frustrierte Wut in den Songs breit.
„Jedes einzige mal wenn mich jemand Künstler nennt, ist das ein Übergriff“ sagte Sophie als die vier das Stück „Dichterin“ letztes Jahr zum ersten Mal live aufführten.
„Ich bin kein Dichter, doch ich schreibe Gedichte, Du bist kein Richter, und denkst du kannst richten über mich“. Passend dazu stand damals „FCK Generisches Maskulinum“ auf ihrer Jacke.
In „Helle Kammer“ hat sich die Band fast freigespielt von der Dunkelheit. Energischer Post-Punk bricht sich Bahn. Noch zögerlich, doch mit Druck. Shoegaze-Gitarren ziehen Teppiche.
„Ruinen“ braust förmlich auf. Trotz aller Tanzbarkeit bleiben CULK der Melancholie treu. Bass und Percussion teilen sich wunderschön minimalistische Passagen. Dazu rezitiert Sophie ein Gedicht. Saugende Intensität.
„Sag mir nicht wer ich bin, und ich bleib bei Dir. Sag mir nicht wie ich bin, und ich bleib bei Dir.“ Ein kleiner Hoffnungsschimmer kommt auf in „Bronzeguss“.
Die Musik wird zum Abschluss fast enthusiastisch und lebensbejahend. „Ich bin gefügig für dich. Ich bin gefügig für dich. Bin nicht gefügig für dich.“ Die Unsicherheit siegt, zum Happy-End reicht es definitiv nicht.
Viele Assoziationen hängen der Platte nach. Manche sind greifbar, andere schwarze Löcher. Gleich ist ihnen die magische Anziehungskraft. Anspruchsvoll in Ton und Wort umgesetzte Schwermut mit unterschwelliger Hoffnung.
„Einander Verlieren heißt nicht immer Verlieren“. Düster gezeichnete Realität und wunderschön schwarze Harmonie mit klaffenden Rissen.