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Nick Cave – Idiot Prayer (Nick Cave Alone At Alexandra Palace)

Ein Mann, ein Raum, ein Klavier. Es war nicht irgendein Raum, es war der Alexandra Palace in London, und es war nicht irgendein Mann, es war Nick Cave, der hier im vergangenen Juni wie der letzte Reisende durch eine einsame Bahnhofshalle zum Instrument schritt.

Zugänglich war diese Solo-Performance, deren Inspiration die Verarbeitung der Isolation des Frühjahrs war, einen Monat später als einmaliges Stream-Event, den Start vom Konzert-Film am 5. November in den hiesigen Lichtspielhäusern erledigten die aktuellen Anti-Corona Maßnahmen, die Veröffentlichung des anhänglichen Albums kann aber kein Keim stoppen.

„Is Heaven just for victims, dear? Where only those in pain go?“ fragt der Schmerzensmann zeitig im titelnden „Idiot Prayer”. Fragen, die vor dem Hintergrund, das dem, dessen lange Karriere von Poesie über Verlust und Schmerz geprägt war, mit dem Tod seines Sohnes Arthur ein harter Schicksalsschlag begegnete, nur allzu berechtigt scheinen.

Der bibelfeste Australier singt in der Folge das „Brompton Oratory“, fiebert im „Higgs Bosom Blues“, begleitet „Nobodys Baby Now“ in die Einsamkeit, speckt das ohnehin reduzierte „(Are You) The One That I’ ve Been Waiting For?“ noch weiter ab, setzt die Segel für „The Ship Song“, stellt mit „Euthanasia“ ein Stück vor, das zwischen „The Mercy Seat“ und „Jubilee Street“ ein wenig unscheinbar wirkt.

Neben dem beständig rauschenden „Sad Waters“ bleibt genug Platz für seine hellere Seite (im Laufe der Jahre nicht nur in Form von „Good Good Day“ auf der „As I Sat Sadly By Her Side“ Single versteckt), die sich hier via „Palaces Of Montezuma“, dem wohl heitersten Song der Bart-Models Grinderman, Bahn bricht.

Beeindruckend, wie in diesem Format ursprünglich musikalisch anders konzipierte Stücke, „Papa Won`t Leave You, Henry“ etwa, dessen Heimathafen „Henry’s Dream“ auf der Soundideen eines auf einer 2-saitigen Gitarre vor sich hin pöbelnden brasilianischen Straßenmusikers fußt, oder das sonst so düster-grummelnde „Stranger Than Kindness“ aus der zeitigen Post-Birthday Party Zeit, funktionieren.

Intim, fragil und kraftvoll zugleich: die Melancholie, die Nick Cave seinem Publikum stets album-weise offerierte, ist erneut physisch spürbar bis „Galleon Ship“ aus den Erlösungsfantasien von „Ghosteen“ das Spiel beendet.

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