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Steven Wilson – The Future Bites

Was darf es heute sein: Marken-Klopapier, Luft in der Dose oder doch eine limitierte Ultra-Deluxe-Box des neuen Albums, die man sichtbar ins Regal stellen kann? Es gibt kaum etwas, das nicht im Internet angeboten wird und wofür sich keine Käufer finden.

Davon inspiriert, nimmt Steven Wilson uns mit seinem sechsten Album mit auf eine Erkundungsreise durch die heutige, von Konsum und Algorithmen bestimmte Welt.

Der Musiker will uns mit „The Future Bites“ aber nicht den Spiegel vorhalten, um zu zeigen, in welch trauriger Realität die Menschheit angekommen ist. Vielmehr zeigt er auf spielerische Weise, wie merkwürdig das heutige Leben geworden ist.

Musikalisch überzeugt die Platte mit viel Abwechslung. Steven Wilson klingt nicht nur mit jedem Album etwas anders – sondern mit jedem Song.

Zwar ist „The Future Bites“ sehr von elektronischen Sounds geprägt – was auch irgendwie gut zur Stimmung von technologischen Zukunftswelten passt – dennoch tauchen zwischendrin auch simplere Pop-Balladen mit Akustik-Gitarre auf, wie „12 Things I Forgot“.

Dass der Multi-Instrumentalist und Produzent gerne mit unterschiedlichen Sounds und Stilen experimentiert, konnte man in seinen bisherigen Werken, sowohl als Solo-Künstler, als auch als Mitglied in diversen Bands, bereits hören.

Steven Wilson pendelt nach „To The Bone“ auch heute noch immer meisterhaft zwischen Pop und Prog und erschafft durch geschickte Kombinationen ganz eigene Klangwelten.

Wie unerwartet gut sphärische Weltraum-Klänge mit Gospel, Trommeln und elektronischen Streichern zusammen passen können, zeigt „Eminent Sleaze“, das noch mit einem kurzen dissonanten E-Gitarren-Solo zum Schluss verfeinert wird.

Sehr interessant ist auch die Vorab-Single „Personal Shopper“. Geheimnisvoll beginnt der fast zehnminütige Track mit einem harten elektronischen Beat und Wilsons hoher Stimme, geht in einen poppigen eingängigen Refrain über, wechselt in eine Bridge, die an 70er-Pop á la ABBA erinnert, wird durch instrumentale Zwischenspiele unterbrochen, bis wir zu einer Shoppingliste gelangen, die von Elton John vorgelesen wird.

Zwischen den aufgezählten Artikeln wirft eine andere Stimme Begriffe wie „Self-doubt“, „Self-expression“ etc. ein. Ein Hinweis auf die Egozentrik in der heutigen Gesellschaft, aber auch auf Eigenschaften, die Menschen dazu verleiten, Dinge zu kaufen, die sie eigentlich nicht brauchen.

Nach dieser aufregenden klanglichen Reise bringt uns das ruhige „Count Of Unease“, das im Lockdown entstanden ist, wieder zurück. Wir öffnen die Augen und stellen fest, dass diese gerade erlebte Welt gar keine Zukunftsfantasie ist, sondern die Realität, in der wir leben.

Und wir akzeptieren das.

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Eine Antwort

  1. Man beachte auch die Ironie an der Konsumkritik, während es die Platte als “Limited Edition Deluxe Box Set” gibt. Und entgegen der Aufregung mancher, das Album sei zu elektronisch und zu poppig finde ich nach mehrmaligem Hören, dass die Songs in der Tat entsprechend arrangiert sind, ansonsten aber zum Teil gar nicht so unähnlich oder anders im Vergleich zu älteren Alben.

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