Die Zeit des Zweifelns ist vorbei – Fotos im Interview

In einer Art Zwangsisolation entstanden präsentiert sich das neue Fotos-Studioalbum „Auf Zur Illumination!“ wie ein nicht enden wollender Trip durch rauschende Sphären. Band-Aushängeschild und Hauptsongschreiber Tom Hessler schuf das Fundament des neuen Schaffens in einem dreimonatigen Corona-Alleingang. Nun ist „Auf Zur Illumination!“ bereit für die große Reise in all die Wohnzimmer, in denen psychedelische Sounds der Sechziger, Siebziger und Achtziger Jahre geschätzt und gefeiert werden. Wir trafen uns mit Frontmann Tom zum Interview und sprachen über große Visionen, schlaue Begleiter und innere Zufriedenheit.

MusikBlog: Tom, wenn man sich Entstehungsprozess eures neuen Albums vor Augen führt, könnte man die die Frage stellen: Warum präsentiert sich „Auf Zur Illumination!“ nicht als dein erstes Soloalbum?

Tom Hessler: Naja, bei den Vorgängeralben lief es ja grundsätzlich ähnlich ab. Ich war schon immer für das Fundament zuständig. Die Arbeit mit der Band ging immer erst nach der Fertigstellung der Basis los. Aber klar, diesmal war es noch ein bisschen extremer, keine Frage. Im Grunde war nach dem dreimonatigen Produktionsprozess bei mir zu Hause eigentlich alles im Kasten. Wir sind dann zusammen nochmal kurz in ein größeres Studio gegangen, um an den Feinheiten zu feilen.

MusikBlog: Diese dreimonatige Komplettisolation: Was war da für dich die größte Herausforderung?

Tom Hessler: Nun, die größte Challenge war sicherlich, dass ich niemanden hatte, der genauso nah dran war wie ich. Da war niemand, den ich fragen konnte, wie ein bestimmter Sound klingt oder welche Emotionen gerade präsent sind. Alle entstandenen Stimmungen konnte ich mit niemandem teilen. Das war einerseits ein bisschen befremdlich, aber andererseits hat es auch dazu geführt, dass ich mich voll auf mich und meine musikalischen Bedürfnisse fokussieren konnte. Ich denke, dass ich mir musikalisch noch nie so nah gekommen bin wie während der Entstehung dieses Albums.

MusikBlog: Ein ungeplanter Befreiungsschlag?

Tom Hessler: Ich würde sagen, ich bin diesmal noch einen Schritt weiter gegangen. Der Weg zur künstlerischen Befreiung wurde schon vor ein paar Jahren geebnet.

MusikBlog: Nimmst du uns nochmal kurz mit zurück in der Zeit?

Tom Hessler: Ich bin ja geprägt vom Indie- und Gitarrensound der Neunziger. Damals gab es noch Indie-Bands mit Stadionflair. Wenn ich an die Britpop-Zeiten zurück denke, da waren schon richtig große Bands und Produktionen unterwegs. Das hat mir damals alles sehr imponiert. Und ich dachte mir, dass man das in Deutschland vielleicht ähnlich groß aufziehen könnte. Diese Gedanken haben mich viele Jahre beschäftigt und aufgehalten. Ich war permanent auf der Suche nach dem einen Lied, das wenigstens im Indie-Radio gespielt wird. Irgendwann kann dann mein Freund und Begleiter Olaf Opal (Produzent und Mixer) zu mir, nach dem er einen neuen Song von mir gehört hatte und fragte: Du Tom, das ist ja alles schön und gut hier. Aber wann schreibst du denn mal Songs, die du dir auch selber anhören würdest? Das war für mich ein Knackpunkt in meinem Leben als Musiker. Seitdem mach ich nur noch Musik, auf die ich Lust habe.

MusikBlog: Olaf Opal war auch diesmal wieder beteiligt. Was ist das Besondere an eurer Beziehung?

Tom Hessler: Olaf kann zu allem etwas Schlaues sagen. Er ist ein sehr direkter Mensch, der kein Blatt vor den Mund nimmt. Manchmal lässt seine Direktheit auch viele Fragezeichen beim Gegenüber entstehen. Meistens treibt er Dinge aber auch einfach nur an. Er gibt Denkanstöße und hilft dir dabei dich zu entwickeln. Man bewegt sich dank seiner Hilfe irgendwo hin, wo man glücklicher ist als vorher.

MusikBlog: Das klingt, als wäre Olaf ein sehr wichtiges Puzzleteil im Ganzen.

Tom Hessler: Auf jeden Fall. Musik zu produzieren bringt einen oftmals auch an Orte, die nicht so schön sind. Das ist dann manchmal wie eine Therapie, in der es auch mal richtig wehtut. Auf dem Weg zur Wahrheit ist Olaf da ein ziemlich guter Begleiter.

MusikBlog: Neben Olaf spielt natürlich auch deine Band eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, Festgehaltenes zu finalisieren. Wie zufrieden bist du mit der Gesamtsituation? Hat sich das Fotos-Projekt so entwickelt, wie du dir das am Anfang vorgestellt hast?

Tom Hessler: Naja, am Anfang war da schon eine etwas andere Vision. Ich wollte eigentlich immer so arbeiten, wie es Can damals vorgemacht und zelebriert haben. Die haben sich in endlosen Proberaum-Sessions musikalisch gefunden und entwickelt. So etwas schwebte mir auch vor. Aber das hat bei uns leider nie so richtig funktioniert. Dafür fehlte es einfach an Zeit und der nötigen Bereitschaft. Das soll jetzt aber alles gar nicht so negativ rüberkommen. Wir haben dafür eine ganz tolle Basis des Vertrauens geschaffen. Vielleicht sehen wir uns nicht so oft, und vielleicht musizieren wir auch nicht so oft zusammen wie andere Bands. Aber dafür sind wir eine sehr harmonische Truppe, die – wenn es drauf ankommt – super funktioniert.

MusikBlog: Da wären wir wieder beim Thema Befreiung.

Tom Hessler: Ja, irgendwie schon. Die Zeit des Zweifelns ist vorbei. Ich will nichts mehr einfordern, was nicht zu leisten ist. Stattdessen freue ich mich über die Dinge, die funktionieren. Das hat zwar lange gedauert. Aber an dem Punkt bin ich jetzt schon seit einer Weile. Und ich fühle mich gut dabei.

MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.

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