Thurston Moore wirft überraschend sein nächstes Album „Screen Time“ in den Ring.

Kein halbes Jahr nach seiner letzten Referenz „By The Fire“ veröffentlicht der Indie-Gelehrte, der für die nächsten Monate auch sein Buch „Sonic Life“ angekündigt hat, „Screen Time“  im Rahmen der Bandcamp Fridays-Initative, ein Einnahmen-Verzicht zugunsten von Freischaffenden, deren Existenzgrundlagen Corona-bedingt weggebrochen sind.

Die Soundidee dieses rein instrumentalen Werks ist ein imaginärer Film Noir, jeder der zehn Songs soll dabei stellvertretend für eine der darin vorkommenden Szenen stehen.

Der Sonic-Youth-Gründer, seit jeher Seismograph im Antizipieren grundlegender Veränderungen im Musik-Business, versteht die darstellenden Künste als „Traumwelt-Ausdrucksformen sowohl der Realität als auch der Vorstellungskraft“, die sich mit der Echtzeit-Orientierung virtueller Online-Interaktionen ergänzen sollte.

Die Namen der Kapitel benennen den jeweiligen Drehort, lassen zu einem meditativen Tonfluss ein Kopfkino entstehen, dessen Drehbuch ganz in des Hörers Hand bleibt, ob dieser die Sequenzen in der vorgesehenen Reihenfolge abhandeln oder neu zusammensetzen möchte, bleibt selbstbestimmt.

So sind „The Station“, „The Town“, „The Home“ oder „The Parkbench“ wohlbekannte Orte, „The Neighbor“ eine mehr oder weniger beliebte Person, denen, zumindest außerhalb von Pandemiezeiten, bestimmte Ereignisse zugeordnet werden können.

„The Dream“ steht für einen Platz, der aktiv genutzt oder dessen Inhalte dem eigenen Zugriff gänzlich entzogen bleibt – auf „Screen Time“ werden all diese Komponenten von knappen 1:43 bis umfassenden 8:55 Minuten ausformuliert.

Die Gitarre, die auch den Rest vom Instrumentarium ersetzt, tendiert in diesem Soundtrack weg vom Noise-affinen, entwickelt ein Konstrukt zwischen Ambient und Experimental, zwischen gefährlich dunklen Tonsplittern und dem virtuoser Spiel ihrer klassischen Variante, pendelt zwischen Dissonanz und Harmonie, in denen gelegentliche Post-Rock Splitter so unvermittelt auftauchen wie sie wieder verschwinden,

Lange nimmt sich am Ende „The Realization“ Zeit, alle Bilder noch einmal über den Gitarrenhals zu schleifen, verleiht der Idee, das geschlossene Filmtheater durch einen Gedanken-Spielfilm wiederzubeleben, Nachdruck – Valenzen dafür scheint es in näherer Zukunft weiterhin reichlich zu geben.

screen time by Thurston Moore

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