Gefühlt ging alles so schnell, und jetzt ist es doch schon eine halbe Dekade her, dass Tom Grennan aus Bedford mit „Something In The Water“ auf den Plan trat. Ein markanter Dialekt, exzentrischer Auftreten und eine moderne Neuinterpretation britischer Rock-Pop-Attitüde, die neben klassischer Vertreter sicher auch von Radio-Giganten wie den Kooks und Bastille inspiriert gewesen sein dürfte, verhalfen dem jungen Briten zu seinem erfolgreichen Debüt „Lighting Matches“ und – was ihn sympathischerweise ebenso sehr gefreut zu haben schien – einen Platz auf dem Soundtrack der Fußballsimulation „Fifa 18“.

Wer nicht „Fifa 18“ seine*ihre erste Begegnung mit Gitarrenmusik verdankt und sich auch sonst nicht wirklich für den rollenden Ball interessiert, könnte davon irritiert sein. Ist schließlich nur ein Spiel.

Tatsächlich liefern die Soundtracks der vergangenen 25 Jahre aber einen besseren Überblick über die Momente, in denen der Staffelstab jeder großen britischen Band an die nächste übergeben wurde, als es jeder Musikzeitschrift gelingen könnte. The Kooks, Oasis, Gorillaz, Blur, The 1975, Kasabian und noch viele mehr geben sich in jedem Jahr die Klinke in die Hand. Im Jahr 2018 war auch Tom Grennan dran.

Sein neues Album „Evering Road“ ist ein Statement dafür, dass all das trotz der aktuellen Situation bestehen bleibt und genau so bleiben wird. Der Pop-Zirkus schläft nicht und wenn, dann nur, um herauszufinden, wie man ein so erfolgreiches Album wie Billie Eilishs „When We Fall Asleep, Where Do We Go?“ produziert.

In einer Zeit, in der sich selbst viele Pop-Künstler nicht davon abhalten können, das letzte Jahr entweder aus einer sehr priviligierten oder einer selbstreflektiven Haltung zu behandeln, geht Tom Grennan seinen Weg (oder den des Labels) mit seinem zweiten Album unbeiirt weiter.

„It Hurts“, „You Matter to Me“ und „Second Time“ sind drei der vielen tragischen Balladen mit hymnischem Charakter, in denen Grennan sich mit Herzschmerz, Größenwahn und Aufbruch beschäftigt, „If Only“ ein absolut radio- (und konzert-) tauglicher Konzert-Opener, der vielleicht sogar das ebenso ekstatische „Royal Highness“ auf der Setlist ersetzen könnte.

Seine Stimme klingt dabei allerdings weniger rau als auf „Lighting Matches“, die Musik übernimmt einen größeren Teil der Intensität, als es zum Beispiel auf „Something in the Water“ der Fall war – einem Song, der vom Kontrast zwischen der akustischen, folkigen Soundkulisse und der basslastigen Stimme lebt.

Auch sonst wechselt der Sound von der teilweisen Anbiederung an die Hörgewohnheiten der Gegenwart, sei es durch House-Beats und klare Drops in „Little Bit of Love“, die das Ganze vielleicht tanzbarer machen, aber dafür Grennans kraftvolle Stimme als Mittel zum Zweck missbrauchen. Oder das tropische Duett „Let’s Go Home Together“, das an Ed Sheerans jüngeres Kollaborationsprojekt „No. 6“ erinnert.

Mit „Evering Road“ gelingt Tom Grennan nicht der große Schritt in Richtung eines eigenständigen Sounds, den er wegen seiner einzigartigen Stimmte offensichtlich auch gar nicht unbedingt nötig hat. Stattdessen liefert er ab, probiert sich aus, und scheint entdeckt zu haben, dass ihm mit seiner Stimme so ziemlich jedes Pop-Genre offensteht.

Wir haben entdeckt, dass jedes Pop-Genre, wenn es von Tom Grennans Stimme gesungen wird, jedenfall ein klein wenig besser klingt. Und vielleicht muss einem das auch genügen. Solange „Something In The Water“ nicht von der Setlist für die ersten postpandemischen Konzerte verdrängt wird, ist alles gut.

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