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Justin Sullivan – Surrounded

Wenn ein Künstler 18 Jahre braucht, um ein neues Album vorzulegen, fragt man sich normalerweise, was dieser in der Zwischenzeit so getrieben hat – im Falle von Justin Sullivan lautet die Erklärung natürlich, dass er damit beschäftigt war, als Frontmann von New Model Army Platten am laufenden Band zu fabrizieren.

Jetzt präsentiert uns Justin Sullivan mit „Surrounded“ eine LP, die ziemlich anders ist als die Werke seiner Hauptband. Auf seinem zweiten Soloalbum klingen seine Vocals natürlich beeindruckend wie immer, die Stimmung ist aber deutlich melancholischer und trauriger, als man es von ihm gewohnt ist.

Der Blick geht nach innen: Das Erzählen von persönlichen Geschichten steht im Vordergrund, die wütende Kritik an gesamtgesellschaftlichen Dimensionen ist, anders als bei New Model Army, nur subtil als Nebenaspekt eingeflossen.

Die Songs für „Surrounded“ seien während des Lockdowns aus dem Nichts nur so über ihn gekommen, so Sullivan. Und so klingen die 16 Tracks des Albums auch: Ungefiltert, direkt, gewollt spartanisch und gleichzeitig doch kunstfertig instrumentiert.

Dafür mitverantwortlich sind diverse Gäste: Wenig überraschend finden sich Beiträge seiner Kollegen von New Model Army, aber auch von Bandmitgliedern von Lamb, Florence + The Machine und Arrangements befreundeter Komponisten.

Dabei hören sich die Texte der Songs oftmals wie poetische Tagebucheinträge („28th May“) oder persönliche Blicke in die Vergangenheit („1975“) an, manchmal wie historische, epische Gedichte („Amundsen“) und zuweilen fast schon mystisch („Surrounded“), immer aber nach einer ganz schönen Portion Schmerz.

Ohne dabei allzu pathetisch zu werden, schafft Sullivan es, so viel emotionales Gewicht in seine Reibeisenstimme zu legen, dass man seinen verschiedenst gearteten Gedanken gerne zuhört.

Zugegeben: „Surrounded“ mag trotzdem nicht jedermanns Geschmack treffen und klingt manchen nach einigen Tracks bestimmt zu unspannend und langatmig. Andere wiederum dürften sich in die teilweise fast wie vertonte Kurzgeschichten anmutenden Tracks schockverlieben.

Doch egal, welcher Fraktion man angehört, vor Sullivans Erzähltalent muss man in jedem Fall den Hut ziehen.

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