Auf der Suche nach der eigenen Identität schmeißen Grizfolk alles bisher Dagewesene in einen Topf. So verbinden sich Folk, Indie-Pop, Elektro-Pop und nachhaltige Arena-Melodien zu einem großen Ganzen. Auf ihren neuen selbstbetitelten Studioalbum Nummer drei bringen die Indie-Popper mit schwedisch-amerikanischen Wurzeln alle Trademarks unter einen Hut. Wir trafen uns mit der Band zum Interview und sprachen über lange Schreibprozesse, Einflüsse von außen und die Hoffnung auf bessere Zeiten.
MusikBlog: Euer neues Studioalbum erscheint in einer Zeit der Unsicherheit, der Angst und der Einschränkung. Wie fühlt sich das an?
Adam Roth: Es ist in der Tat eine sehr schwierige Zeit. Und es fühlt sich auch dementsprechend an. Das ist nur sehr schwer mit der Vergangenheit zu vergleichen.
Fredrik Eriksson: Wir sind sehr gespannt, wie das Album von den Leuten aufgenommen wird. Momentan interessieren sich die Leute verständlicherweise mehr für andere Dinge. Das können wir total nachvollziehen. Wir hoffen einfach, dass unsere Musik den Leuten wieder etwas Freude bringt.
MusikBlog: Das letzte Album „Rarest Of Birds“ ist noch gar nicht so alt. Hattet ihr ganz bewusst einen fließenden Prozess hinsichtlich der nächsten Albumproduktion vor Augen?
Frederik Eriksson: Da steckte jetzt nicht wirklich ein Plan dahinter. Ein halbes Jahr nach der letzten Albumveröffentlichung begann ja schon das Pandemie-Drama. Wir haben einfach weiter Songs geschrieben. Ich glaube, dass wir den Großteil der zurückliegenden knapp zwei Jahre damit verbracht haben, Songs zu schreiben.
Bill Delia: Wir haben dann auch noch einige ältere Ideen mit eingebunden. So kam dann Material zusammen, dass eine große Zeitspanne abdeckt.
MusikBlog: Das hört man dem Album auch an, finde ich. Man hat irgendwie das Gefühl, als wäre es euch diesmal vor allem wichtig gewesen, alle bisherigen Band-Trademarks zu mixen.
Frederik Eriksson: Es passt einfach alles wunderbar zusammen. Die alten Songs sind nicht außen vor. Es ist ein großes Ganzes entstanden, das die lange Reise der Band perfekt auf den Punkt bringt. Auch inhaltlich haben wir einen großen Schritt nach vorne gemacht. Es ist einfach schön zu sehen, wie all die unterschiedlichen Entwicklungsstufen ineinander greifen und Sinn ergeben.
MusikBlog: Seid ihr während des Songwritingprozesses nur bei euch und euren Gedanken und Gefühlen? Oder lasst ihr euch auch von außen inspirieren?
Bill Delia: Wir hören alle viel Musik. Wir lassen uns aber nicht ausschließlich von musikalischen Reizen beeinflussen. Wir schauen auch über den Tellerrand und lassen all die Dinge, die neben der Musik passieren und wichtig für uns sind, mit in unsere Arbeit einfließen. Wir haben uns für die Aufnahmen ein Haus im Joshua-Tree-Nationalpark gemietet. Das war natürlich auch eine ganz besondere Erfahrung für uns. Diese Zeit dort hat uns extrem inspiriert und beeinflusst, sowohl musikalisch als auch textlich.
MusikBlog: Joshua Tree ist ein gutes Stichwort. Ihr habt dort zusammen mit dem Produzenten Rich Costey gearbeitet. Der hatte bereits mit großen Bands wie Muse und Death Cab For Cutie zu tun. Wie lief die Zusammenarbeit?
Adam Roth: Rich ist ein unglaublicher Produzent. Er ist wie ein wandelndes Rock-Lexikon. Vor allem bei einigen alten Songs hat er uns immens weitergeholfen. Ich erinnere mich noch gut an den Song „The Ripple“. Das ist ein Track, den wir schon seit 2013 immer wieder gerne in unserer Live-Setlist haben. Aber wir haben es irgendwie nie so richtig geschafft, den Song so aufzunehmen, dass er uns allen gefällt. Rich hat davon Wind bekommen und sich einige alte Live-Versionen des Songs angehört. Dann meinte er nur: „Kommt Jungs, wir versuchen mal das und das und das“. Kurz darauf war der Song im Kasten. Und wir waren alle happy mit dem Ergebnis. Er ist wirklich ein ganz besonderer Typ, mit dem man sehr gerne arbeitet.
MusikBlog: „The Ripple“ ist ein cooler Song. Mir persönlich gefällt aber „California High“ noch besser. Habt ihr Songs auf dem Album, die euch besonders am Herzen liegen?
Frederik Eriksson: Ich würde da auch „California High“ hervorheben. Ich bin ja vor vielen Jahren von Schweden nach Kalifornien gezogen. Dieser Westküsten-Vibe ist irgendwie immer noch etwas ganz Besonderes für mich.
Adam Roth: Ich würde wahrscheinlich „Howlin“ nehmen. Ich liebe es einfach, wenn sich Songs quasi von selbst schreiben. Das war bei „Howlin“ irgendwie der Fall. Da musste nicht groß gewerkelt werden. Der Song war irgendwann einfach nur da. Das war ein tolles Gefühl.
MusikBlog: Neben all den neuen Songs für das Album habt ihr auch noch einen Weihnachtssong („All I Want For Christmas Is A Rock Show“) mit Kyle Gass (Tenacious D) zusammen aufgenommen. Wie kam es denn dazu?
Adam Roth: (lacht) Ja, wie klein die Welt doch ist.
Bill Delia: Wir kennen Kyle jetzt schon seit ein paar Jahren. Wir haben eine sehr gute Freundin, die schon lange für ihn als Assistentin arbeitet. So kam einst der Kontakt zustande. Irgendwann hatten wir einfach die Idee einen Weihnachtssong aufzunehmen. Da hatten wir Lust drauf. Und es war irgendwie sofort klar, dass Kyle da mitmachen musste. Da er der feinste Kerl im Business ist, hat er natürlich sofort zugesagt. Er ist wirklich ein netter Mensch.
MusikBlog: Den Song könnt ihr ja zur Weihnachtszeit vielleicht mit auf Tour nehmen. Bis dahin ist es aber noch ein bisschen hin. Viel ist ja noch nicht möglich. Aber wie sehen eure zukünftigen Pläne aus?
Adam Roth: Wir haben jetzt für Ende August eine erste Show in Los Angeles geplant. Wir hoffen, dass die stattfinden kann. Ansonsten blicken wir natürlich voller Hoffnung in die Zukunft. Wir würden im nächsten Jahr auch unheimlich gerne mal wieder nach Europa kommen. Die Konzerte in Deutschland beispielsweise waren immer sehr inspirierend für uns. Das war wirklich eine tolle Zeit, die wir hoffentlich alle bald zurückbekommen werden.
MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.