Drei Jahre ist es jetzt schon her, dass die ohnehin recht spannende Diskografie der Slow-Core-Veteranen Low mit dem 2018er Album “Double Negative” eine gewichtige Zäsur erfahren hat.

Ob es für das 25-jährige Bandjubiläum oder aus einer kreativen Laune heraus war: Das Duo vollführte den ultimativen Post-Strukturalismus und zerlegte zusammen mit Produzent B.J. Burton ihren ohnehin schon sakralen, ätherischen Sound in umherfliegende Song-Fetzen, schwebende Post-Rock-Momente und organisch wachsende Klang-Sphären, an dessen Oberfläche hin und wieder ganz unscharf ein tatsächlicher Song zu erkennen war.

Vieles davon übertragen Alan Sparhawks und Mimi Parkers nun auch auf ihr 13. Album “Hey What” und sind dabei allerdings nicht unbedingt an natürlich keimenden Tracks interessiert.

Wieder hilft Burton als dritter Mitwirkender aus – vor “Double Negative” hat er sich schließlich bereits mit Bon Iver und James Blake als wertvoller, experimenteller Avantgarde-Kollaborateur gezeigt.

In vielerlei Hinsicht ist der Opener “White Horses” Zeuge davon, was im weiteren Verlauf droht: Zwar besteht das Intro aus schummeriger Dumpfheit, jedoch setzt der Gesang des Paares fest und sicher ein – langsamer Spannungsbogen zumindest hier nicht vorhanden.

Unterlegt sind die Stimmen von einem Instrument, das so stark verzerrt wurde, dass nicht mehr zu sagen ist, was genau sich da eigentlich so aggressiv ins Trommelfell frisst. Müsse man sich jedoch entscheiden, gingen die Tendenzen der Instrumentierung eher in eine digitale Richtung – das einzig Natürliche an “Hey What” sind wahrscheinlich die Stimmen von Sparhawks und Parkers.

Die Übersteuerung nimmt zwischendurch gern Fahrt auf, wird nahezu ungenießbar und lässt das Gehirn so vibrieren, dass es sich erst unangenehm anfühlt. Sobald sie allerdings weg ist, fehlt sie – als würde man, nachdem man für einen Schleudergang auf der Waschmaschine saß, wieder auf festem Boden stehen.

Wer den als Songs getarnten, computer-generierten Sound-Glitches mit Logik und Verstand zu folgen versucht, fällt unweigerlich auf die Nase. Zwar lassen Low wieder einige wenige Strukturen in die Tracks, die beschränken sich allerdings zumeist auf einzelnen Melodien, die gelegentlich durchbrechen und sich bis in die Unendlichkeit wiederholen.

Man ist ständig hin- und hergerissen zwischen der Schönheit von “Hey What” und seinem Schmerz. Mit dem bezaubernden Doppelgesang des Duos und dem knirschenden Digital-Noise bildet sich aber eine wundersame Symbiose, die irgendwo zwischen Selbstzerstörung und -erhaltung die Menschlichkeit im Kern trifft.

Dass Low auch nach 28 Jahren solch unorthodoxe Mittel zum Aufzeichnen des Seins selbst finden, unterstreicht nur weiter ihre Position als eine der wichtigsten Indie-Bands aller Zeiten.

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